Essen. . Helmut Soballa leidet unter Demenz. Die Experten der Memory Clinic betreuen den 79-jährigen Bergeborbecker. „Es geht uns gut“, sagt Ehefrau Ingrid.

Wie ist das, wenn man kranke Menschen behandelt, aber keine Chance auf Besserung besteht? Wie ist das, wenn Patienten nicht wissen, dass sie behandelt werden? Oder das schnell vergessen? Für Hartmut Fahnenstich und Carsten Brandenberg von der Memory Clinic in Bergeborbeck stellen sich die Fragen nicht. Sie schauen auf ihre Patienten und deren Angehörige.

In der Gedächtnis-Ambulanz der Contilia-Gruppe werden Demenzkranke behandelt. So wie Helmut Soballa (79), der mit seiner Ingrid gleich um die Ecke wohnt. „Uns geht es gut“, sagt die 71-Jährige. Und mit ihr lächeln Hartmut Fahnenstich und Carsten Brandenberg glücklich wie zufrieden.

Das Leben wird stetig langsamer

Bei Helmut Soballa wurde vor sechs Jahren Demenz diagnostiziert. Nach einem Sturz in der Garage gab es Untersuchungen. Und dann das Ergebnis. „Anfangs wusste Helmut, dass er krank ist. Inzwischen weiß er es nicht mehr“, sagt seine Ingrid. Und ihr Mann nickt und lacht mit seinem fröhlichen Gemüt zustimmend. Seit 54 Jahren sind die Bergeborbecker verheiratet. „Lebenslänglich“, sagt Ingrid Soballa. Die Zeit nach der Diagnose war die schwierigste der Ehe. „Helmuts Selbstständigkeit verwand nach und nach. Da musste ich besonders aufpassen. Alles dauert jetzt länger. Und so wird unserer Leben stetig langsamer.“

Ingrid Soballa geht offen mit der Krankheit ihres Mannes um. „Bei unseren vier Enkeln verwechselt er schon mal die Namen. Ist nicht schlimm. Ich habe allen einfach erklärt: Opi ist krank im Kopf.“

Die Demenz-Experten aus der Memory Clinic haben mit ihrer langjährigen Erfahrung das Ehepaar Soballa unterstützt. „Wir können Demenz nicht heilen. Aber wir können deren Fortschreiten bremsen“, erklärt Leiter Hartmut Fahnenstich. Mit den richtig eingestellten Medikamenten. Mit einem strukturierten Alltag, beispielsweise Mahlzeiten zu festen Zeiten, die den Betroffenen ganz wichtige Orientierung bieten. Und mit Übungen und Therapien, die die Patienten aktivieren.

„Ich denke einfach für ihn mit“

Wichtig ist auch: Entlastung für die betreuenden Angehörigen. Helmut Soballa ist einen Tag pro Woche in einer Tagesklinik. „Dann kann ich Sachen erledigen und habe etwas Zeit für mich“, erklärt Ingrid Soballa. Sie ist mehr denn je Teil ihres Ehemannes. „Ich denke einfach für ihn mit“, sagt sie. Und auch das lebenslänglich.

Die 71-jährige Bergeborbeckerin hadert nicht. „Es gibt doch viel schlimmere Krankheiten. Und wir haben gelernt: Man kann auch mit einer Demenz glücklich sein.“ Genau das sieht man den beiden Soballas an.

Die Memory Clinic am Haus Berge in Bergeborbeck wurde vor 25 Jahren, im März 1991, eröffnet. „Damals war Demenz noch kein großes Thema. Viele haben anfangs gar nicht verstanden, was wir genau machen“, erklärt Leiter Hartmut Fahnenstich. Den Durchbruch gab es nach einem TV-Auftritt: „Wir hatten ein Interview in der Sendung von Margarethe Schreinemakers. Danach haben uns die Menschen die Bude eingerannt“, erinnert sich Fahnenstich. Warum? Weil die Memory Clinic der Contilia-Gruppe als Gedächtnis-Ambulanz die erste Einrichtung ihrer Art in Deutschland war, die sich speziell und ausschließlich um Demenz-Patienten kümmerte.

Aus ganz Deutschland kamen Patienten in den Essen Norden, über 120. 000 Patienten waren es in den 25 Jahren. An der Germaniastraße wurden Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten entwickelt und damit beim schleichender Gedächtnisverlust, der aus Veränderungen im Gehirn resultiert, Pionierarbeit geleistet. Inzwischen gibt es mehrere Zentren, die sich der Demenz widmen. Die Memory Clinic wird indes weiter gut besucht. Nicht zuletzt, weil Rudi Assauer, Ex-Manager von Schalke 04, dort vor Jahren behandelt wurde. So dauert es derzeit drei Monate bis Patienten einen Termin in Bergeborbeck bekommen.