Essen. . Rüttenscheider Jungunternehmer haben eine ausrangierte Flughafen-Anzeige als Speisekarte an die Wand eines Restaurants montiert. Inhaber: „Das passt perfekt“.
„Als wir im Sommer 2013 zum ersten Mal an einer Bahnhofsuhr geschraubt haben, ahnten wir nicht, dass das Ganze uns einmal in ein Züricher Nobel-Restaurant bringen wird“ sagt Georg Moser. Der 29-jährige Maschinenbauer aus Essen blickt dabei stolz auf das jüngste und zugleich größte Baby der Firma „Vierkant“ aus Rüttenscheid. Zehn Meter lang ist die ausrangierte Abflugtafel, die Moser zusammen mit seinen Kollegen Jonathan Overhoff (28) und Bernd Holarek (28) im September 2014 aus der Abflughalle des Köln/Bonner Flughafens abmontiert haben. Anderthalb Jahre später hatte Zürich vor einigen Tagen seine Sensation: Die Schweiz, weltweit bekannt für Präzisionsuhren, kauft eine Fallblattanzeige aus Essen.
„Das klack-klack-klack-Geräusch, wenn neue Gerichte auf der Flughafentafel angezeigt werden, ist wie Musik für meine Ohren“ schwärmt Bernd Holarek, der als Designer,für die Konstruktion und Mechanik der Tafel zuständig ist. Genau das ist auch die Geschäftsidee der drei Jungunternehmer: aus alt macht neu und dabei das Altvertraute bewahren wie eben zum Beispiel das „klack klack klack“-Geräusch der fallenden Buchstaben- und Zahlenblätter.
"Jungs verdienen endlich Geld mit dem Schrott"
Wo Reisende früher im Flughafen den Aufruf ihres Fluges sahen, lesen Restaurantbesucher hinter der Theke des „Hiltl Sihlpost“ in Zürich nun die Speisekarte mit vegetarischen Gerichten. Rolf Hiltl betreibt das Restaurant in der vierten Generation, sein Urgroßvater kam 1897 aus Bayern nach Zürich und setzte auf vegetarische Rohkost als gesunde Ernährung. Das „Hiltl“ gilt deshalb als ältestes vegetarisches Restaurant der Welt, so steht es im Guiness Buch der Rekorde. Rolf Hitl ist stolz, dass er die Anzeigentafel-Idee in Essen entdeckt hat: „Mit dieser dynamischen Speisekarte wird eine urbane emotionale Reise-Atmosphäre geschaffen, die perfekt an den Züricher Hauptbahnhof passt.“ Man verbinde gerne Tradition mit Innovation und suche immer wieder das Extreme. „Das haben wir in Essen gefunden, die drei Jungs sind einfach megacool“ erklärt Hiltl.
Genau 655 Buchstaben- und Zahlenkassetten haben die Rüttenscheider in die Konstruktion eingefügt, jetzt blinkt und klappert es wie in einer Abflughalle. Das sorgt übrigens auch für Freude am Niederrhein: Hier bei seinen Eltern hat der kreative Kopf des Trios, Georg Moser, Bahnsteiguhren und Fallblattanzeigen en masse gelagert. „Jetzt verdienen die Jungs wenigstens Geld mit dem Schrott und wir haben wieder mehr Platz im Garten“, ist Mutter Valérie Moser (55) erleichtert, dass eine Tonne Flughafentafeln aus dem Garten verschwindet.
Das mit dem Geld verdienen ist mehr zukunftsorientiert, die drei Essener Jungunternehmer haben monatelange Arbeit in die Entwicklung der Mechanik, Elektronik und Software investiert, das zahlt ihnen kein Auftraggeber. „Wenn wir jetzt den nächsten Auftrag für eine Flughafen-Anzeigetafel bekommen, verdienen wir auch, wir müssen nicht mehr so viel entwickeln“ sagt Mechaniker Bernd Holarek. Und an Ideen mangelt es den Dreien nicht: Eingangsbereiche und Rezeptionen von Hotels zur Begrüßung der Gäste oder Sportbars, die auf Fallblatttafeln Spielstände oder Wettquoten anzeigen – all das könnten zukünftige Kunden sein.