Essen. Mit fast 18,8 Millionen Anteilen ist Essen einer der größten Anteilseigner von RWE. Die nun fehlenden 9,4 Millionen Euro gefährden den Etatausgleich.
Um einen flotten Spruch in Finanzfragen ist Lars Martin Klieve nie verlegen, aber als er gestern früh um neun von einem Journalisten die Hiobsbotschaft des Tages erfuhr und nicht direkt von RWE – da fehlten dem Stadtkämmerer dann doch die Worte.
Er fand sie später wieder und produzierte verlässlich jenen Satz, der landauf landab stellvertretend das Entsetzen der Kommunen über die vorerst „ausgesetzte“ Dividende des Energieriesen kommentiert: „Das übertrifft meine schlimmsten Albträume.“
In Essen schläft man dabei besonders schlecht. Denn hier geht es nicht nur darum, auf ein fest eingeplantes hübsches Sümmchen verzichten zu müssen – 9,4 Millionen Euro, um genau zu sein, denn im Rathaus am Porscheplatz hatte man vorsorglich nur eine magere Dividende von 50 Cent je Anteilsschein veranschlagt. Nein, die nun fehlenden RWE-Millionen könnten dem ohnehin schon zum Bersten angespannten Stadt-Etat den letzten Stich versetzen – und den für 2017 fest geplanten Etatausgleich doch noch kippen.
Erst Ende Januar hatte Kämmerer Klieve einen Nachtrags-Etat vorgelegt, der erstmals die immens gestiegenen Kosten der Flüchtlingskrise berücksichtigt und das ursprünglich geplante Minus von 3,4 auf 33,9 Millionen Euro nahezu verzehnfacht. Das klaffende Finanzloch auf diesen Betrag zu beschränken, wird ehrgeizig genug, denn es setzt voraus, dass man frühzeitig die sündhaft teuren Zeltdörfer durch Containerbauten ersetzen kann und so noch im laufenden Jahr 16 Millionen Euro einspart.
Und jetzt diese neue zusätzliche Lücke von 9,4 Millionen: Die Stadtspitze ist wie vom Donner gerührt, musste gestern passen, als die Politik im Hauptausschuss des Rates fragte, wie man die Lücke denn zu stopfen gedenke: „Wenn wir die Summe aus dem Ärmel schütteln könnten, hätten wir Ihnen diese Vorschläge schon beim Nachtragsetat vorgelegt“, seufzte Klieve. Und auch Oberbürgermeister Thomas Kufen fiel erst einmal nicht mehr ein, als die Weitsicht zu loben, dass Essen – anders als viele andere Kommunen – nur mit 50 Cent Dividende kalkuliert hatte.
So blieb nur Frust über die nicht enden wollenden Hiobsbotschaften für die Stadtfinanzen und der Ärger über den Energieriesen, der die Medien besser informiert als einen der größten Einzelaktionäre, schließlich gehören der Stadt über drei Prozent der Anteile. „Wie solch ein Großunternehmen mit den Kommunen umgeht“, so entfuhr es SPD-Fraktionschef Rainer Marschan, „das ist schon ein starkes Stück.“