Essen. . Landschaftsschutzgebiete sollen vorerst nicht mit Unterkünften für Flüchtlingen bebaut werden – so der Vorschlag der Verwaltung. Aber es gibt Ausnahmen.

Bei der geplanten Errichtung von festen Unterkünften für Flüchtlinge will die Stadt Essen vorerst weitgehend auf die Bebauung von Landschaftsschutzgebieten verzichten. Stattdessen soll zunächst eine Reihe von bereits erschlossenen Flächen bebaut werden, die bislang für den allgemeinen Wohnungsbau vorgesehen waren. Entsprechende Vorschläge hat Planungsdezernent Hans-Jürgen Best nach Informationen dieser Zeitung am Freitag Vertretern der Ratsfraktionen vorgelegt. Die Rede ist von einem ersten Schritt.

Fest steht aber schon jetzt: Das Ziel, sämtliche Flüchtlinge noch in diesem Jahr aus den Zeltdörfern zu holen und 6500 Plätze in einfachen, aber festen Bauten zu schaffen, wird Essen verfehlen.

Stadt Essen verabschiedet sich von Städtebau-Strategie

Bemerkenswert ist dennoch: Die Stadt verabschiedet sich von ihrer bisherigen städtebaulichen Strategie; die Unterbringung von Flüchtlingen soll nicht länger mit der Erschließung neuer Wohnbauflächen verknüpft werden. Auch will die Verwaltung augenscheinlich den Eindruck vermeiden, sie knicke vor dem Protest der Bürgerinitiativen ein. Einziges Kriterium sei: Wie schnell stehen die Grundstücke für eine Bebauung mit festen Unterkünften zur Verfügung.

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Tatsächlich ist die Bebauung von Landschaftsschutzgebieten nicht gänzlich vom Tisch. Eine Freifläche an der Hatzper Straße in Haarzopf soll nach dem Willen der Verwaltung noch in diesem Jahr bebaut werden, allerdings soll es dem Vernehmen nach dort zu einem Grundstückstausch kommen. Auch im Hexbachtal in Bedingrade soll gebaut werden, allerdings nicht auf den bislang in Rede stehenden Ackerflächen. Die Planungsverwaltung hat stattdessen ein Waldstück an der Straße im Fatloh ins Auge gefasst. Ob sich die Bürgerinitiative, die sich die Rettung des Hexbachtals auf die Fahne geschrieben hat, damit zufrieden gibt, bleibt abzuwarten.

Auch andernorts bleiben Proteste programmiert. Denn alle von der Verwaltung bereits vor Wochen genannten Freiflächen bleiben im Fokus der Stadtplaner, heißt es. Bereits durchs Raster gefallen sind aber jene Flächen, deren Eigentümer nicht verkaufen wollen. Genannt werden die Landschaftsschutzgebiete am Isinger Feld in Leithe, am Heuweg in Überruhr, am Karrenbergsfeld in Kettwig sowie am Reibenkamp und am Sachsenring in Horst. Ob gleiches für die Fischlaker Mark gilt, blieb am Freitag offen. Auch dort hatte eine Eigentümerin erklärt, sie sei nicht bereit sich von ihrem Grund und Boden zu trennen.

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Das gilt übrigens dem Vernehmen nach auch für Thyssen-Krupp; das Areal am Berthold-Beitz-Boulevard/Ecke Frohnhauser Straße ist nicht mehr vorgesehen.

Von den ursprünglich 15 Flächen, die die Planungsverwaltung Anfang Dezember ins Spiel gebracht hat, bleiben damit nicht viel mehr als gut eine Handvoll übrig. Ebenfalls noch in diesem Jahr bebaut werden sollen Flächen an der Straße am Handwerkerpark in Katernberg, an der Hövelstraße/Ecke Bäuminghausstraße in Altenessen und auf dem ursprünglich für den Bau einer Marina vorgesehenen Areal am Rhein-Herne-Kanal. Allein auf diesen drei Grundstücken ließen sich nach Rechnung der Verwaltung Unterkünfte für mindestens 1900 Menschen errichten, möglicherweise sogar für bis zu 2800.

Ehemaliges Spaßbad „Oase“

Platz für weitere 1400 Flüchtlinge könnte in diesem Jahr auf sechs Wohnbauflächen geschaffen werden, die die Verwaltung für diesen Zweck für geeignet hält (siehe unten). Die Grundstücke liegen an folgenden Straßen:

  • an der Antropstraße in Überruhr,
  • an der Bruchstraße in Katernberg,
  • an der Neustraße in Borbeck,
  • an der Barkhovenallee/Jacobsallee in Heidhausen und
  • an der Nöggerathstraße in Frohnhausen;
  • ferner handelt es sich um das Grundstück des einstigen Spaßbades „Oase“ ebenfalls in Frohnhausen.

Ob weitere Flächen hinzukommen, unter Umständen auch Landschaftsschutzgebiete, hängt wie zu hören ist, davon ab, wie viele Flüchtlinge die Stadt wird unterbringen müssen. Noch in der Januar-Sitzung soll der Rat der Stadt über den Vorschlag der Planungsverwaltung abstimmen und die für 2016 vorgeschlagenen Bauvorhaben absegnen.

Spätestens 2017 sollen sämtliche Flüchtlinge aus den Zeltdörfern ausgezogen sein. Die Unterbringung dort ist unverhältnismäßig teuer und kostet die Stadt rund 100 Millionen Euro pro Jahr.