Essen. Haben zwei Frauen einen geistig behinderten Essener dazu gedrängt, ein Sonnenstudio zu überfallen? Eine Frage, die das Gericht in Essen klären will.
Eigentlich kam er im Leben ganz gut zurecht, trotz seiner geistigen Behinderung. Aber jetzt sitzt der 23 Jahre alte Heisinger vor der VII. Strafkammer am Landgericht Essen. Angeklagt wegen schweren Raubes, droht ihm eine Mindeststrafe von fünf Jahren Gefängnis. Denn am 22. September hat er nach eigenen Angaben im Essener Stadtteil Bergerhausen ein Sonnenstudio überfallen, die Mitarbeiterin mit einem Messer bedroht.
Neben ihm sitzt am Freitag zum Prozessauftakt seine Mitangeklagte, eine 29-Jährige aus Frohnhausen. Von ihr hätte er sich zum Überfall gedrängt gefühlt. „Sie sagte, sie macht mir sonst die Hölle heiß“, erzählt er. Und da habe er in den Plan eingewilligt. „Ich kann schlecht Nein sagen“, erklärt er.
Antworten fallen ihm schwer
Oft sagt er nicht mehr als einen Satz, dann muss Richter Nils Feldhaus wieder nachfragen. Der Angeklagte stottert auch, die Antworten fallen ihm sichtlich schwer. Deshalb wiederholt er auch gerne die Frage und formuliert sie dabei zur Aussage.
Seiner Mitangeklagten fällt das Reden leichter. Oft ist sie nicht zu stoppen. Sie hat früher in dem Sonnenstudio gearbeitet. Im September sei der 23-Jährige mit seiner Verlobten bei ihr gewesen. Über Geld hätten sie geklagt. Die 29-Jährige: „Ich sagte dann aus Jux und Dollerei, sie sollten das Sonnenstudio überfallen.“ Danach hätte sie das wieder vergessen, es auch nie ernst gemeint.
Mitangeklagte gibt sich ahnungslos
Sie belastet vor allem die Verlobte. Sie selbst sei zwar mit den beiden zum Sonnenstudio gefahren, aber nur weil der 23-Jährige „auf die Sonnenbank“ wollte. Sie hätte draußen gestanden und erst nachher davon erfahren, dass er das Messer gezückt und rund 300 Euro erbeutet hatte.
Nachher gab er ihr 150 Euro. „Ich weiß“, sagt sie, „das hätte ich nicht nehmen sollen. Ich hätte auch die Polizei rufen müssen“. Richter Feldhaus wird sichtlich ungehaltener. Denn bei der Polizei hatte sie sich noch selbst als Ideengeberin für den Raub bezeichnet. Dass sie mehrfach zum Sonnenstudio gefahren sind, weil sie anfangs an einen Einbruch gedacht hatten? Davon will sie am Freitag nichts wissen. Ab und an streut sie ein, dass sie „eine gelernte Fachkraft für Schutz und Sicherheit“ sei.
Ob sie allein die treibende Kraft war oder eher ahnungslos, welche Rolle die Lebensgefährtin des Angeklagten spielte – für die Antwort auf diese Fragen hat die VII. Strafkammer noch mindestens einen weiteren Sitzungstag Zeit.