Essen. . Anwohner haben am geplanten Flüchtlingsdorf in Essen-Gerschede protestiert. Sie kündigen an, dass rechtliche Schritte gegen den Bau geprüft werden.

Die Nachbarn der geplanten Flüchtlingsunterkunft an der Levinstraße in Essen-Gerschede, die im März bezogen werden soll, sind besorgt. Die Vorfälle aus der Silvesternacht in Köln haben sie in ihrer Angst erheblich bestärkt. Das war am Montagabend zu spüren, als sich etwa 80 Frauen, Männer und Kinder bei Nieselregen am Bauzaun der künftigen Unterkunft zum Protest trafen.

„Am 14. Dezember wurden wir offiziell informiert. Am 5. Januar kamen die Bagger“, fühlt sich Detlef. O., der nicht mit vollem Namen in der Zeitung erscheinen will, überrumpelt. Der Anwohner, der so etwas wie der Sprecher der Gruppe ist, erzählt weiter: „Wir sind keine Linken. Wir sind keine Rechten. Wir haben auch nichts gegen Flüchtlinge, aber man kann es nach den Vorfällen von Köln nicht verantworten, sie in einem derart eng bebauten Gebiet unterzubringen.“

Sorge um das „letzte Grün“

Mit eng bebaut meint Detlef O. vor allen Dingen die Nähe zur Wiese der Kita, auf der zurzeit Bagger den Boden für die Flüchtlingsunterkunft vorbereiten. Marion van de Water, einer der Initiatorinnen der Gruppe und seit 30 Jahren an der Ecke Levinstraße/Weidkamp beheimatet, hält das Grundstück ebenso für ungeeignet.

Auf der Wiese hätten bisher Kinder gespielt. Und dort sei im Sommer gegrillt worden. „Damit nimmt man uns hier noch das letzte Grün“, sagt die 67-Jährige, die wie ihre Mitstreiter hofft, dass die Stadt die Entscheidung noch einmal überdenken werde.

Als Argument gegen den Standort Levinstraße führt Detlef O. auch die unmittelbare Nähe zum Beachvolleyball-Feld und der Sportanlage von Ruwa Dellwig an. „Das ist mehr als nur eine Sportanlage, es ist ein sozialer Treffpunkt für uns“, erklärt Marion van de Water, die mit ihrem Mann die Anlage seinerzeit in Eigenarbeit aufbaute. Laut der Anwohner sei zwischenzeitlich eine Freifläche neben dem Friedhof als Standort in der Diskussion gewesen. Die Idee sei dann aber wieder verworfen worden.

Frustration und Enttäuschung

„Es wird erzählt, dass die Totenruhe nicht gestört werden sollte“, sagt Marion van de Water. Als alternatives Areal schlagen die 67-Jährige und ihre Mitstreiter ein großes Gebiet am Stadthafen vor. „Da wäre Platz für Tausende Flüchtlinge“, sagt einer der Demonstranten.

Die Gruppe, die zunächst mit einem guten Dutzend Anwohner begann, sieht die Verantwortung keinesfalls allein bei der Stadt Essen und dem Sozialdezernenten Peter Renzel. „Wir haben den Glauben an die Politik von Bund, Land und Stadt verloren“, ist auf der Demonstration zu hören. Neben dem Plakat, auf dem in Kinder-Schrift „Der Platz sollte sinnvoll genutzt werden“ steht, ist ein Schild mit den Worten „Danke, Frau Merkel!“ zu sehen.

Die Nachbarn der Levinstraße, die bisher nur eine lockere Gruppe bilden, wollen nichts unversucht lassen, um die Flüchtlingsunterkunft, die laut Stadt 400 Menschen beherbergen soll, vielleicht doch noch zu verhindern. Auch rechtliche Schritte werden zurzeit geprüft. Außerdem ist es durchaus möglich, dass eine Bürgerinitiative gegründet wird.

„Die Zeltdörfer sind nicht nur schlecht für uns, sondern auch für die Flüchtlinge, die dort auf engstem Raum untergebracht werden“, sagt Marion van de Water, die sich nach eigenem Bekunden mit dem Fragen auch an einen Bezirkspolitiker wandte, von diesem aber abgekanzelt worden sei.

„Wenn die Flüchtlingsunterkunft hierhin kommt, wird es Chaos geben“, befürchtet die 67-jährige Mutter und Großmutter. Dass es nur eine Flüchtlingsunterkunft auf Zeit werden soll, schmälert ihren Ärger nicht.