Essen. Nach der Messerattacke auf eine Polizistin steht fest: Der Täter fischte die Waffe in einem unbeobachteten Moment aus einem sichergestellten Rucksack, der auf der Polizeiwache in Altenessen stand.
Nach der hinterhältigen Messerattacke auf eine junge Beamtin in der Altenessener Polizeiwache am Mallinckrodtplatz stand vor allem eine Frage im Raum: Wie konnte es dem 31-jährigen Angreifer nur gelingen, die Waffe in die Diensträume zu schmuggeln, obwohl er bei seiner Festnahme von Polizisten zuvor durchsucht worden war? Drei Wochen nach dem Zwischenfall können die Ermittler endlich eine Antwort geben: Der mit Haftbefehl gesuchte Straftäter hat das Messer gar nicht bei sich getragen. Es befand sich am Montagabend, 14. Dezember, bereits auf der Wache – in einem fremden sichergestellten Rucksack.
Oberstaatsanwältin: „Es war ein Klappmesser“
In einem unbeobachteten Moment, so Oberstaatsanwältin Birgit Jürgens, muss der Mann die Tasche durchwühlt haben. Er fischte die Waffe hervor und ging mit dem Klappmesser auf die 23 Jahre alte Polizistin los. Die Beamtin hatte großes Glück. Vermutlich weil sie den Angriff im letzten Moment ablenken konnte, wurde sie durch den Stich in den Hals nur leicht verletzt. Dennoch war die Frau erst einmal dienstunfähig. Der 31-Jährige konnte überwältigt werden und er kam in Untersuchungshaft. Gegen ihn lag bereits ein Haftbefehl wegen räuberischer Erpressung vor.
Nach der Attacke in Essen und einem tödlichen Messerangriff auf einen Polizisten zehn Tage später an Heiligabend in Herford ging die Gewerkschaft der Polizei (GdP) in die Offensive und forderte eine Gesetzesinitiative der Innenminister, die sich „endlich auf ein konsequentes Vorgehen gegen Straftäter, die Polizisten angreifen, verständigen“ sollen. „Sie greifen den Staat an, nicht nur Polizisten“, stellte Essens GdP-Kreisgruppenvorsitzender Heiko Müller klar.
In vielen politischen Kreisen gehörten Angriffe auf Polizisten nach Einschätzung der Gewerkschaft „längst zum guten Ton“. Das legten die vielen Hass-Kommentare in Internetforen nach den erschreckenden Zwischenfällen durchaus nahe.
Ein trauriger Tiefpunkt
Die GdP beklagt seit längerem eine zunehmende Gewalt gegen Beamte – vor allem im Wach- und Wechseldienst. 363 Übergriffe auf Polizisten der Essener Behörde wurden dem Innenministerium allein in 2014 bekannt. Heiko Müller spricht von einer deutlichen Zunahme der Fälle um 15 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die Attacke auf die Polizistin in Altenessen war im vergangenen Jahr zwar eine von vielen, jedoch ein trauriger Tiefpunkt.