Essen. Ein Mann hat in einer Essener Polizeiwache eine Polizistin mit einem Messer angegriffen. Gewerkschaft beklagt zunehmende Gewalt gegen Beamte.

Es war ein hinterhältiger Angriff auf eine junge Polizistin: Ein gesuchter Straftäter ist am Montagabend mit einem Messer auf eine Beamtin in der Wache Nord am Mallinckrodtplatz losgegangen und hat die 23-Jährige durch einen Stich in den Hals verletzt. Glücklicherweise nur leicht, dennoch ist die Frau dienstunfähig. „Die Kollegin hat sehr großes Glück gehabt“, sagt Heiko Müller, Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei, am Tag nach dem blutigen Zwischenfall. Der 31 Jahre alte Täter konnte überwältigt werden und sitzt nach der Behandlung leichter Verletzungen in Untersuchungshaft, berichtete Oberstaatsanwältin Birgit Jürgens. Es werde weiter ermittelt.

Kollege verschwand im Nebenraum

Unbeantwortet ist bislang die Frage, wie es dem Mann gelingen konnte, die Tatwaffe mit auf die Wache zu nehmen. Denn bevor Verdächtige in einen Streifenwagen gesetzt werden, sind sie üblicherweise zu durchsuchen – schon aus Gründen der Eigensicherung, so Polizeisprecher Thomas Hemmelmann: „Das ist mit Sicherheit auch passiert.“ Möglicherweise aber sei das Messer dabei übersehen worden.

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Nach bisherigen Erkenntnissen hatte die junge Polizistin den 31-Jährigen gegen 23 Uhr gemeinsam mit einem Kollegen am Bahnhof Altenessen festgenommen. Der Mann war einigen Zeugen „verdächtig erschienen“, teilte die Polizei mit. Auf der Wache stellte sich dann schnell heraus, dass gegen ihn ein Haftbefehl wegen räuberischer Erpressung vorlag. Als der männliche Kollege der Beamtin in einem Nebenraum verschwand, um ein Papier auszudrucken, griff der 31-Jährige plötzlich an, so die Oberstaatsanwältin. Möglicherweise hat die Frau den Stich noch ablenken können.

363 Übergriffe auf Polizisten

Die Gewerkschaft der Polizei beklagt seit längerem eine zunehmende Gewalt gegen Beamte – vor allem im Wach- und Wechseldienst. 363 Übergriffe auf Polizisten der Essener Behörde zählte das Innenministerium allein im vergangenen Jahr. Müller spricht inzwischen von einer deutlichen Zunahme um 15 Prozent in 2015. Der aktuelle Fall ist einer von vielen und dabei ein trauriger Tiefpunkt. Es sei personell nicht zu leisten, Verdächtige auf der Wache ständig durch zwei Beamten im Auge zu behalten, sagt Müller. „Im täglichen Dienst müssen Polizisten aufpassen, dass Routine nicht irgendwann zur Nachlässigkeit führt.“