Essen. . Staatsanwältin stellt sich vor die Polizei, die kurz nach der Kollision des Streifenwagens mit der jungen Wittenerin Kontakt zur Evag suchte. Unternehmen kontert: Aufnahmen hätten den Crash nicht gezeigt.
Die gelöschten Videoaufnahmen des tödlichen Verkehrsunfalls in Essen-Steele werfen kein gutes Licht auf die internen Abläufe bei der Essener Verkehrs AG (Evag): Die Polizei hat nach Angaben von Staatsanwältin Elke Hinterberg „schon sehr früh bei der Unfallaufnahme“ darum gebeten, dass die Bilder der Überwachungskameras am S-Bahnhof gesichert werden. Anhand des „objektiven Beweismittels“ sollten die genauen Umstände der tragischen Kollision eines Streifenwagens mit einer 23 Jahre alten Fußgängerin aus Witten am Neujahrsmorgen aufgeklärt werden.
Ein Fax für die Evag-Leitstelle
Ihr Begehr formulierten die Beamten auch schriftlich: Um 14.26 Uhr am 1. Januar ging ein entsprechendes Fax der Polizei auf der Evag-Leitstelle ein, was das Unternehmen bestätigte. „Danach sind alle Beteiligten davon ausgegangen, dass die Videoaufnahmen gesichert werden“, sagte Hinterberg am Mittwoch. Wie sonst auch.
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Doch als die Bilder laut Staatsanwaltschaft am Dienstag angefordert wurden, existierten sie nicht mehr. Sie waren automatisch überschrieben worden, weil der einzige Evag-Mitarbeiter, der zu einem Zugriff auf den Computer in Steele berechtigt ist, im Urlaub war. Selbst die leise Hoffnung, die gelöschten Daten wiederherstellen zu können, wurde enttäuscht. „Die Aufnahmen wurden zwei Mal überschrieben“, so Hinterberg: „Sie sind nicht mehr zu rekonstruieren.“
Evag: Videoaufzeichnungen hätten nicht zur Aufklärung beitragen können
Wie das geschehen konnte, darauf hatte die Evag auf Anfrage dieser Zeitung am Mittwoch noch keine Antwort. Denn normalerweise werden Aufnahmen nach 72 Stunden automatisch überschrieben, also nach 144 Stunden zum zweiten Mal. In diesem Fall wären die Sequenzen aus der Unfallnacht aber erst am Donnerstag unwiederbringlich verloren gewesen.
Die Evag tritt derweil die Flucht nach vorne an. Aus ihrer Sicht hätte die Videoaufzeichnung am Verkehrsplatz Steele gar nicht zur Aufklärung des tragischen Unfalls beitragen können, weil die Kameras aus Datenschutzgründen lediglich auf die Haltepunkte und Bahnsteige gerichtet sind.
Videotechnik am Steeler Platz werde gerade modernisiert
Dass letztlich nur ein Mitarbeiter der Verkehrsgesellschaft Zugang auf das von der Polizei erbetene Videomaterial hat, liegt auch an dem besonderen Umstand, dass die Videotechnik am Steeler Platz gerade modernisiert wird und die Anlagen vom Hauptrechner abgekoppelt sind. Der Steeler Platz ist deshalb an einen gesonderten Server mit laut Evag „eingeschränkten Zugriffsmöglichkeiten“ angebunden.
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Diesen Zugriff hatte in diesem Fall nur ein Mitarbeiter des Unternehmens, der aber erst nach seinem Dienstbeginn am Montag, den 4. Januar, vom schriftlichen Hilfeersuchen der Essener Polizei erfuhr. Insgesamt sind nur vier Mitarbeiter ermächtigt, auf Anfrage der Polizei Videoaufzeichnungen innerhalb von 72 Stunden zu sichten und gegebenenfalls der Polizei auszuhändigen.
Das Vorgehen ist je nach Verkehrsunternehmen mitunter unterschiedlich. Bei der Rheinbahn in Düsseldorf gibt es zwar aus Datenschutzgründen ebenso einen nur sehr begrenzten Kreis, der die Videos sehen darf. Aber dort sind deutlich mehr Personen berechtigt, eine Aufnahme zu sichern, damit sie nicht gelöscht wird.