Essen. Die Bewohner der Graf-Spee-Straße schätzen vor allem die Ruhe, die Nähe zu Rüttenscheid und Stadtwald und die gute Nachbarschaft.

Ruhig und verschlafen wirkt an diesem Morgen, um halb elf die Graf-Spee-Straße. Ein Radfahrer zieht mit der Brötchentüte in der Hand des Weges und nur hin und wieder rollt ein Auto durch die Straße. Hier gilt Tempo 30. Wer auf Essens teuerster Wohnstraße landet, muss zum Glück nicht wie auf der Schlossallee im Spiel Monopoly 400 Euro berappen. Zumindest aber muten beide Namen herrschaftlich adelig an.

Wer nun allerdings auf der Graf-Spee-Straße Villa an Villa vermutet, wird enttäuscht. Doppelhäuser, die eher an Zechenhäuschen erinnern, wechseln sich mit Bauten aus den späten 20er und 30er Jahren ab. Auch Häuser aus den 1970er Jahren und jüngeren Datums stehen hier. Dazwischen allerdings erheben sich dann doch einige herrschaftliche Villen, die um 1900 entstanden sind und an die Zeit erinnern, als hier und in den umliegenden Straßen eine kleine Villenkolonie in Bredeney entstand.

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In einer dieser Villen wohnt seit drei Jahren Familie Bauer zur Miete. Das gelbgestrichene Haus mit den grünen Fensterläden und weißen Fensterrahmen thront regelrecht über der Straße. Sie fühlen sich wohl hier, sagen Martin und Tatjana Bauer. Ihre beiden Jüngsten, Lea und David, besuchen die wenige Meter entfernte Graf-Spee-Schule und die elfjährige Esther ist nicht täglich auf das „Taxi Mama“ angewiesen, wenn sie zum Goethe-Gymnasium muss. Als die Bauers vor einigen Jahren von Berlin, Prenzlauer Berg, nach Essen, Rüttenscheid, zogen, da liebäugelten sie bereits mit dieser Gegend in Bredeney. Ruhige Lage, der Stadtwald ganz in der Nähe, aber auch das quirlige Rüttenscheid. „Wir hatten wirklich großes Glück“, bekräftigt Martin Bauer.

Selbst Graffiti sind gut bürgerlich gesittet

Einige Grundstücke weiter wohnt Oliver Bussick mit seiner Familie. Vor neun Jahren haben sie das Haus einer älteren Dame abgekauft und grundhaft saniert. Wie die Bauers schätzen auch die Bussicks vor allem die Lage: „Man wohnt zurückgezogen und trotzdem mitten in der Stadt“, sagen sie. Obwohl Oliver Bussick, der in Katernberg aufgewachsen ist, anfangs skeptisch war und mit Bredeney wegen dessen Ruf etwas fremdelte – ist er nun voll des Lobes über die Nachbarschaft. „Die ist sehr, sehr gut“. Das bestätigen auch die Bauers. Viele Ältere wohnten hier, zunehmend aber auch Familien mit Kindern. Man kennt sich, man grüßt sich, plaudert und hat gegenseitig ein wachsames Auge. Doch anders als man vermuten könnte, hat hier kaum jemand Mauern um sein Grundstück hochgezogen und sich hinter hohen Hecken verschanzt. Manche Grundstücke sollen sogar mit Gartentörchen verbunden sein.

Ja, teuer sei es hier schon, sagt ein Nachbar der Bauers, der schon über zehn Jahre auf der Straße lebt. Über Preise für Immobilien spricht aber niemand. In der Nachbarschaft in und um die Graf-Spee-Straße wohne zwar nicht Essens „Geldadel“, heißt es, doch klar ist auch: Wer hier ein Haus besitzt, muss sicher nicht jeden Cent zweimal umdrehen.

Selbst die Graffiti sind auf der Graf-Spee-Straße gut bürgerlich gesittet. An einer Mauer vor der Graf-Spee-Schule hat jemand vor einem Jahr in großen, roten, geschwungenen Lettern den Wunsch gesprüht: „Frohes Neues 2015“.

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