Essen. Rita und Thomas Mickler wohnen im neuen Universitätsviertel am Berliner Platz. Dort zählten sie zu den ersten Bewohnern. Das Umfeld ist zuweilen schwierig. „Aber so ist das wahre Leben.“
Als Rita und Thomas Mickler vor drei Jahren in ihre schmucke Wohnung im neuen Universitäts-Viertel am Berliner Platz zogen, schwang eine gehörige Portion Pioniergeist mit. Zum Einzug schenkte ihnen ein guter Freund ein Asterix-Heft: „Die Trabantenstadt“. Für alle, die mit den Abenteuern des listigen Helden nicht so vertraut sind: Die bösen Römer wollen die aufmüpfigen Gallier sozialisieren, in dem sie vor dem Dorf der Unbeugsamen eine supermoderne Wohnsiedlung aus dem Boden stampfen. Am Ende liegen die Häuser in Trümmern.
Man darf davon ausgehen, dass die Geschichte des Univiertels eine andere Wendung nimmt. Rita und Thomas Mickler haben ihre Entscheidung jedenfalls keinen Tag bedauert. „Wir haben uns hier von Anfang an wohl gefühlt.“
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Gut, die Aussicht vom Balkon ist nicht mehr die gleiche. Neue Appartements verstellen den Blick auf den Berliner Platz. Immerhin: Eines der künstlichen Wasserbecken des Uni-Parks ist zwischen den Häuserzeilen gerade noch zu sehen. Die Bauarbeiten sind weitgehend beendet. „Es war sehr interessant, das alles wachsen zu sehen“, sagt Thomas Mickler. Fotos und Zeitungsausschnitte, die er gesammelt hat, füllen inzwischen einen dicken Aktenordner. Rita Mickler ist froh, dass der Baulärm ein Ende hat. Sie ist Musikerin von Beruf.
"Durchs Grüne mit dem Rad zur Arbeit"
Was hat sich verändert in den drei Jahren? In den neuen Häusern wohnen neue Nachbarn, ein Café hat eröffnet, wo es auch sonntags frische Brötchen gibt, und an der nahen Friedrich-Ebert-Straße findet sich nicht nur ein „veganer“ Supermarkt, sondern es gibt jede Menge Imbissbuden und orientalische Restaurants. Kurz: Leben ist eingezogen im Uni-Viertel.
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Dass hier etwas Neues entstehen würde, das fanden die Micklers von Anfang an spannend. Auch deshalb haben sie sich für ihre Dreieinhalb-Zimmer-Wohnung, 89 Quadratmeter groß, in zentraler Lage entschieden. „Dass ich durchs Grüne mit dem Rad zur Arbeit fahren kann, wusste ich damals gar nicht“, erzählt Thomas Mickler. Die ehemalige Trasse der Rheinischen Bahn führt fast bis vor die Tür seiner Physio-Praxis in Mülheim-Heißen. 30 Minuten braucht er mit dem Fahrrad, 17 Minuten sind’s mit der Bahn. Die Haltestelle am Berliner Platz liegt gleich vor der Tür.
Einbruch und Diebstahl
Nicht alles ist Gold, was auf den ersten Blick glänzt. Stadtplaner haben das neue Viertel auf dem Reißbrett entworfen in der Hoffnung, dass es auf ein durchaus schwieriges soziales Umfeld ausstrahlt. Wo das Uni-Viertel endet, beginnt der Rheinische Platz, wo Drogendealer ihren Stoff verkaufen. Zum Elting-Viertel und zur nördlichen Innenstadt sind es nur wenige Schritte.
Ja, in einem der Wasserbecken schwamm schon mal eine Insulinspritze; auch so etwas gibt es, erzählt Thomas Mickler. Und erst kürzlich hat sich eine Nachbarin per Brief an den Polizeipräsidenten gewandt; Diebe waren in den Fahrradkeller eingestiegen und hatten ein teures Rad geklaut. An einem Nachbarhaus hatten sich offenbar Einbrecher an einer Terrassentür zu schaffen gemacht.
Spannende Kontraste
„Die Polizei zeigt Präsenz“, fährt regelmäßig Streife. Nein, bedrohlich fühle sich das alles nicht an. „Das ist das wahre Leben“, sagt Thomas Mickler, der früher auch mal in Freiburg im Breisgau gewohnt hat. Schön sei es da, aber irgendwie auch langweilig. Es sind die Kontraste, die Mickler so spannend findet im Ruhrgebiet und auch im Uni-Viertel am Berliner Platz, wo sich die beiden noch immer als Pionier fühlen dürfen. Aber das Viertel entwickelt sich. Auch die neuen Nachbarn in den neuen Wohnungen, die gerade fertig geworden sind, werden ihren Teil dazu beitragen. Auch wenn Rita Mickler sich zuweilen wünscht, das alles möge doch etwas schneller gehen.
Überraschungen hält das Leben bereit. Als Thomas Mickler dieser Tage durch die nördliche Innenstadt spazierte, da war ein Ladenlokal, das lange leer stand, plötzlich bezogen von einer Galerie.
Und irgendwann ändern sich auch die Bilder in den Köpfen.