Essen. . Busse und Bahnen sind im Schnitt mit 25 Prozent ausgelastet - in anderen Städten ist es weniger. Wären Haltestellen länger, wäre die Effizienz höher.
Die wegen der Finanzkrise in Bedrängnis geratene Stadttochter Evag steht im Städtevergleich deutlich besser da als hier und da angenommen wurde. Die Busse und Bahnen der Essener Verkehrsgesellschaft sind nach einer neuesten Studie weitaus stärker ausgelastet als in vergleichbaren Verkehrsunternehmen.
In einer aktuellen, nicht öffentlichen Untersuchung des Kasseler Beratungsbüros NahverkehrsConsult wurden im Auftrag der Stadt für die Fortschreibung des Nahverkehrsplanes vergleichbare Kenndaten zum Nahverkehrsangebot in 17 deutschen Großstädten (über 250.000 Einwohner) von Bremen bis München und von Dresden bis Köln in einem Block zusammengefasst und mit der Essener Evag verglichen.
Platzkapazität in Essen weit unter dem Durchschnitt
Danach ergibt sich aus dem Verhältnis zwischen den beförderten Fahrgästen und der Platzkapazität pro Kilometer bei der Evag eine Auslastung von knapp 25 Prozent. Das klingt für den Laien erstmal wenig, gilt aber bei Verkehrsunternehmen als ausgesprochen guter Wert. Die verglichenen Verkehrsunternehmen kommen im Schnitt auf unter 18 Prozent.
Dass in Essen die verfügbare Platzkapazität in Bahn und Bus pro Fahrt mit etwa 125 Plätzen weit unter dem Durchschnitt (knapp 170 Plätze) liegt, hat hier einen besonderen Grund: Die Straßenbahnen aller sieben Linien können nicht – etwa wie in Köln – im Doppeltrakt fahren, weil dafür die Haltestellen zu kurz sind.
Evag muss Stadtrand mitversorgen
Auch lässt sich die Zahl der Fahrgäste pro Linie nicht ohne weiteres steigern. Die Evag muss die dünn besiedelten Wohnviertel am Stadtrand mitversorgen: Startet etwa ein Bus in der City voll besetzt, steigen an der Endhaltestelle möglicherweise nur noch ganz wenige Fahrgäste aus.
Mit den Schlussfolgerungen aus dem Benchmarking-Vergleich werden sich die Ratsfaktionen Ende Januar auseinandersetzen, wenn ihnen die Ergebnisse im Detail präsentiert werden. Dabei wird auch dieses Problem deutlich: Wenn Taktzeiten aus Kostengründen verlängert werden, steigt das Risiko, dass Fahrgäste nicht mehr mitgenommen werden, weil sonst Bahnen und Busse überfüllt wären.
Längere Züge wären eine Lösung
Eine Lösung wären längere Züge. Die würden Personalkosten sparen, weil weniger Fahrer mehr Kunden befördern. Aber Straßenbahnen können im Doppeltrakt erst dann eingesetzt werden, wenn die Bahnsteige an den Haltestellen verlängert werden. Das kostet viele Millionen Euro und etliche Jahre Bauzeit.
Auch interessant: Die Evag zupft hinsichtlich der benötigten städtischen Zuschüsse nicht viel stärker am Rockzipfel der Stadt als andere Verkehrsunternehmen. Die Evag gibt aktuell ihren Kostendeckungsgrad mit 74,3 Prozent an. Würde man die rund jährlich 17 Millionen Euro Infrastruktur-Kosten für die Tunnelstrecke aus der Bilanz herausnehmen, die die Evag nur deshalb zahlen muss, weil die Stadt die Tunnelanlagen (bis auf die Nordstrecke) ihrer Tochter überlassen hatte, würde der Essener Verkehrsbetrieb sogar auf eine Kostendeckung von 77,3 Prozent kommen und läge damit um 0,3 Prozent besser als der Durchschnitt der bundesweit im Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) organisierten Nahverkehrsbetriebe.