Essen. . Vor zwölf Jahren kam die Familie Eshaq aus dem Irak nach Deutschland. Über ehrenamtliche Arbeit integrierten sich die Eltern. Obwohl ihren Kindern eine bessere Zukunft bevorsteht, sind die Sorgen groß.
Eine geschnitzte Holzkrippe steht auf dem Wohnzimmertisch, Marienbilder, ein Vaterunser auf Arabisch und Kreuze hängen an der Wand, in der Ecke lehnt etwas verlegen ein kleiner geschmückter Tannenbaum. „Zuhause hatten wir auch immer einen Weihnachtsbaum“, sagt Talal Eshaq, „nur den Adventskranz kennen wir nicht.“
Zuhause, das war einmal das irakische Mossul. Dort lebte Talal Eshaq gemeinsam mit seiner Frau Mouna und den drei Kindern Sofia, Yousif und Adam. „Wir hatten ein gutes Leben“, erinnert sich der 48-Jährige. Er lehrte als Mathematikprofessor an der Uni, seine Frau war Lehrerin. Dann marschierten die Amerikaner ein und stürzten Saddam Hussein. „Plötzlich fühlten wir irakischen Christen uns nicht mehr sicher, wurden zunehmend diskriminiert und verfolgt.“ Flucht, dieser Gedanke tauchte immer öfter auf. „Wir hatten einfach das Gefühl, im Irak keine Perspektive mehr zu haben.“ Und so ließen die Eshaqs alles zurück – ihre Familie, ihre Freunde, ihre persönliche Habe und ihre Wurzeln – und machten sich auf den Weg in eine bessere Zukunft, nach Deutschland.
Zwölf Jahre ist das nun her und statt an der Uni arbeitet Talal Eshaq heute in einem Möbellager der Caritas, um nicht gänzlich von staatlichen Sozialleistungen abhängig zu sein. Eine bessere Zukunft – die haben zumindest seine Kinder vor sich. Sofia, mit 21 Jahren die Älteste, hat bereits ihr Abitur geschafft und macht eine Ausbildung zur Pharmazeutisch-technischen Assistentin. Der 19-jährige Yousif steht kurz vor dem Abi, Adam (19) besucht die elfte und der in Deutschland geborene Lukas (11) die fünfte Klasse eines Essener Gymnasiums.
"Endlich hier angekommen"
„Wir sind sehr stolz auf unsere Kinder“, sagt Mouna Eshaq, „sie sind nicht nur tüchtig und klug, sondern sie helfen, wo sie können.“ Der Familienzusammenhalt ist groß, denn gemeinsam hat man schwere Zeiten erlebt. So mussten die Eshaqs in den ersten fünf Jahren in Deutschland bangen – immer wieder drohte die Abschiebung. „Dazu kam, dass wir zum Nichtstun verurteilt waren“, sagt Talal Eshaq, „das ist nicht gut für die Seele und den Kopf.“ Um ihre Deutschkenntnisse zu verbessern und die Kultur in ihrer neuen Heimat kennenzulernen, haben sie ehrenamtlich gearbeitet. „Ich gab Förderunterricht in einer Schule, meine Frau war im Kindergarten tätig.“
Als sie die Anerkennung als Flüchtlinge und damit ein unbegrenztes Bleiberecht in den Händen hielten, „hatten wir das Gefühl, dass wir endlich hier angekommen sind“. Die Zukunft schien zum Greifen nah. Talals Studium wurde zwar anerkannt, seine Habilitation jedoch nicht. Aber es bestand die Chance, durch ein Zusatzstudium die Befähigung zu erlangen, als Lehrer zu arbeiten. „Ich machte meine pädagogische Ausbildung an der Bochumer Uni und habe mich dann in Münster für Informatik eingeschrieben.“
Große syrische Gemeinde in Essen
Doch dann wurde Mouna Eshaq schwer krank und ihr Mann gab das Studium auf, um sich um seine Frau und die Familie zu kümmern. „Wir zogen von Vreden nach Essen, um näher an der Uniklinik zu sein und weil die rum-syrische Gemeinde hier sehr groß ist.“ Dort finden die praktizierenden Christen den nötigen Trost und Rückhalt. Denn auch die Nachrichten aus der alten Heimat sind nicht gut. Eltern, Geschwister, Nichten und Neffen sind auf der Flucht, weil die IS die Kleinstadt, aus der Mouna und Talal stammen, dem Erdboden gleichgemacht haben. „Seit Monaten leben sie unter schlimmen Verhältnissen in einem Lager in Kurdistan“, erzählt Mouna Eshaq, „wir machen uns große Sorgen.“
Deshalb wünschen sich Talal und Mouna, Sofia, Yousif, Adam und Lukas eigentlich nur eines zum Fest: Frieden.