Vier Straßenbahnen entgleist – neue Weiche für 100.000 Euro
•
Lesezeit: 3 Minuten
Essen. In diesem Jahr entgleisten in Essen vier Straßenbahnen, zwei davon allein an der Haltestelle Thyssen Krupp. Dort wird für 100.000 Euro umgerüstet.
Vier Straßenbahnen sind in diesem Jahr entgleist, zwei davon allein an der Haltestelle Thyssen-Krupp. Gefahr für Menschen habe nicht bestanden, da die Züge nur mit gedrosseltem Tempo fuhren. Die Essener Verkehrsgesellschaft Evag lässt nun an der Haltestelle auf der Altendorfer Straße die Bedarfsweiche, die sich nur manuell bewegen lässt, für 100.000 Euro durch eine Weiche mit elektronischer Stellvorrichtung austauschen.
Es geht nur um wenige Millimeter. Aber die können entscheidend dafür sein, ob eine Straßenbahn mit einem Gewicht von immerhin rund 40 Tonnen plötzlich an einer Weiche aus den Gleisen springt. Weil die Weichenzunge nicht korrekt anschließt, ein Stein oder ein Dreckklumpen dazwischen geraten ist, der Fahrer die Lage der Weiche nicht richtig eingeschätzt hat.
Elektromagneten bewegen Weichen
Wenn es schief geht, ist von einem „technischen Defekt“, von „äußeren Einwirkungen“ oder von „menschlichem Versagen“ die Rede. Das sind Einzelfälle. Demgegenüber stehen jährlich 1,7 Millionen Fahrten, bei denen nichts passiert, betont Evag-Sprecher Olaf Frei. In den U-Bahntunneln sorgt eh’ eine Zugsicherung dafür, dass die kleinste Störung sofort bemerkt wird. Und im oberirdischen Straßenbahn-Netz werden auf den stark frequentierten Trassen besonders sichere Weichen (45 Stück) eingesetzt, bei denen ein „elektronisches Schloss“ anzeigt, dass die Weiche richtig liegt. Ein Balken auf einem Signal gibt dem Fahrer freie Fahrt für Tempo 50. Weicht die Weichenzunge aber mehr als drei Millimeter von der Position ab, dann erlischt das Signal. Dann muss der Fahrer „die Weichenlage selbst beurteilen“, bei Bedarf manuell korrigieren und die Bahn auf max. 15 km/h drosseln, erklärt Ulrich Aschmann, stellvertretender Leiter für Signaltechnik beim Verkehrsverbund Via.
Essens neue Straßenbahn NF 2
1/43
Mit dieser Signaltechnik hatte es bisher in Essen noch keinen Zwischenfall gegeben, sagt der Evag-Experte. Mit einer Kraft von 400 bis 700 Kilo drückt ein Elektromagnetantrieb die Weiche in ihre Lage, die dann durch ein elektronisches und mechanisches Schloss verriegelt wird, sich also nicht mehr bewegen lässt.
Bedarfsweichen bei Sperrungen
Bei rund 300 Weichen in Essen ohne elektrische Schlosssicherung ist Tempo 15 vorgeschrieben. Daher kommt es bei Entgleisungen nur sehr selten zu Personenschäden. Gravierend sind dagegen die Auswirkungen im Nahverkehr. Bis die Bahn wieder auf die Gleise gehoben wird, vergehen Stunden.
150 mechanische Bedarfsweichen können nur mit erheblicher Kraftanstrengung bedient werden, darunter die am Stopp Thyssen-Krupp, wo zuletzt am 10. Oktober eine Tram der Linie 109 entgleiste. Solche Weichen werden benötigt, wenn die Züge wegen einer Sperrung einen verkürzten Weg fahren und an dafür vorgesehenen Haltestellen aufs Gegengleis gelenkt werden müssen. Die Weiche wird vom Fahrer mit einem Eisen umgestellt. Ohne Muskelkraft kommt hier und da eben auch die PS-stärkste Bahn keinen Meter weiter.
Sie haben vermutlich einen Ad-Blocker aktiviert. Aus diesem Grund können die Funktionen des Podcast-Players eingeschränkt sein. Bitte deaktivieren Sie den Ad-Blocker,
um den Podcast hören zu können.