Essen. . Essener Polizei zerschlägt internationale Autoknackerbande: 47 Festnahmen, über 400 Taten aufgeklärt. In Essen hatten die Banden ihre Zentrale.
Von außen ist es eine unscheinbar Lagerhalle in der Nähe des Essener Autokinos. Innen aber sieht es lange Zeit aus wie in einem Ersatzteillager für Luxuskarossen. In langen Regalen oder bereits zum Versand verpackt liegen da Navigations- und Entertainment-Systeme, Airbags aber auch Scheinwerfer. Guter Zustand, frisch geklaut. Überall im Ruhrgebiet und im Rheinland. Seit gestern allerdings ist geschlossen. Denn gestern ist die Polizei gekommen. In die Essener Lagerhalle und zu 110 anderen Wohnungen und Büros in ganz Deutschland und in Litauen.
Als die insgesamt 782 Beamten wieder gehen, haben sie 47 Personen festgenommen. Viele weitere sollen folgen. Eine europaweit agierende Bande von Autoknackern und -dieben ist nach Einschätzung der Polizei damit zerschlagen.
So erfolgreich läuft die Aktion, dass sich der Essener Polizeipräsident Frank Richter am späten Nachmittag ein Lächeln nicht verkneifen kann. „Dieses Mal“, sagt er, „haben wir nicht nur die kleinen Fische erwischt, dieses Mal sind wir auch an die Köpfe herangekommen.“ Großhehler in Litauen sind das. Richter spricht von „einer Mafia“.
Im September vergangenen Jahres haben sie einen Tipp zur Lagerhalle bekommen, bei der Polizei in Essen. „Seitdem haben wir ermittelt“, sagt Kriminaloberrat Gerd Bürgel, der die 13-köpfige Sonderkommission „Kasimir“ leitete. Die Beamten observieren, ziehen Verbindungen, sammeln Informationen. Oft rund um die Uhr. So erfahren sie von den „Kindern“, 16- bis 19-jährigen Jugendlichen, die aus Litauen rübergeschickt und einem „Gruppenführer“ zugeordnet werden, der sie einweist, beaufsichtigt und auch Schläge verteilt, wenn sie nicht parieren.
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Schon bald ziehen sie los, um zu stehlen, was der Boss in der Heimat bestellt hat. Meist sind es Navis oder teure Radios, manchmal auch ganze Autos. BMW, Mercedes, Porsche, schwere Geländewagen, aufgemotzte Sportboliden. Während die Einzelteile in der Halle gesammelt und über Polen nach Osteuropa gebracht werden, bleiben die gestohlenen Autos in der Region. Unfrisiert, mit neuen Papieren und Schlüsseln werden sie in Deutschland oder dem benachbarten Ausland verkauft.
440 Taten kann die Polizei den sechs jetzt zerschlagenen Banden bereits nachweisen. Vorwiegend in Essen (128) Mettmann (93), Düsseldorf (63), Bochum (25) und Oberhausen (25). „Aber da wird noch jede Menge zukommen“, ist Bürgel überzeugt. Schon jetzt beträgt der Wert der Beute rund 1,1 Millionen Euro, der angerichtete Schaden ist fast drei Mal so hoch. „Die Täter sind bei ihren Raubzügen äußerst brutal vorgegangen“, weiß der leitende Ermittler. „Aber das“, hofft Polizeipräsident Richter, „ist jetzt erst einmal vorbei.“