Essen. . Verstoß gegen Bewährungsauflagen: Schreiben des Bottroper Anstaltsleiters an die Polizei Essen wurde am 1. Oktober abgeschickt. Am 7. Oktober tötete der 16-Jährige Frank M..
Der 16-jährige Intensivtäter, der am 7. Oktober in Altendorf den 43-jährigen Frank M. zu Tode brachte, hätte ab 28. September – und damit zum Zeitpunkt des Raubmordes – für vier Wochen in einer Bottroper Arrestanstalt sitzen müssen. Er stand unter Bewährung und hatte gegen Auflagen verstoßen, so dass das Essener Gericht den Arrest verhängte. Das bestätigen Gaury Sastry, Sprecherin und Richterin am Essener Amtsgericht sowie Eckhard Meierjohann, Jugendrichter und Leiter der Bottroper Anstalt.
Als der 16-Jährige nicht erschien, ordnete Meierjohann im Schreiben an die Essener Polizei am 1. Oktober an, den Jugendlichen nach Bottrop zu bringen. Dieses Schreiben aber erreichte die Polizei erst nach dem Raubmord, sagt Polizeisprecher Peter Elke. Zu erklären sei die Verzögerung so, dass vertrauliche Dokumente nicht per Post verschickt, sondern mit eigenen Fahrzeugen transportiert würden. Das dauere dann mitunter einige Tage.
Hätte der Tod von Frank M. verhindert werden können?
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Die Frage steht im Raum: Hätte der Tod von Frank M. verhindert werden können, wenn alle Beteiligten schneller vorgegangen wären? „Wenn die Polizei unsere Anordnungen bekommt, einen Jugendlichen zu uns zu bringen, lässt sie nicht alles stehen und liegen“, zeigt Meierjohann Verständnis. „Hier wurde ja niemand mit Haftbefehl gesucht.“ Im NRW-Landtag allerdings wird der Essener Fall inzwischen kritisch diskutiert und könnte zum Politikum werden. „Wenn er diesen Arrest ordnungsgemäß angetreten hätte, wäre diese schreckliche Tat nicht passiert“, sagt etwa der CDU-Rechtsexperte Jens Kamieth.
Fakt ist: Der bereits Ende August vom Amtsgericht Essen verhängte Jugendarrest sollte von dem 16-Jährigen eigentlich in Essen abgesessen werden. Die Anstalt wandte sich jedoch am 12. September an die Einrichtung in Bottrop mit der Bitte, den Arrest dort zu vollstrecken. Womöglich fehlte es in Essen an freien Plätzen. Der Rechtspfleger lud ihn für den 28. September vor. Das sei zeitnah gewesen, nur knapp zwei Wochen, nachdem Bottrop den Fall auf dem Tisch hatte, heißt es.
Der 16-Jährige aber ignorierte die Aufforderung und blieb dann erst einmal auf freiem Fuß, was oft passiere, so Meierjohann. Auch das Justizministerium attestierte den nachgeordneten Behörden, im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben „zügig gearbeitet“ zu haben, betonte ein Sprecher von Minister Thomas Kutschaty (SPD). Doch wie man es auch dreht und wendet: Der 16-Jährige hätte zum Tatzeitpunkt nicht auf der Altendorfer Straße sein sollen, sondern im Arrest.
16-Jähriger auch wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt
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Eine wichtige Frage ist: Als wie gefährlich musste der 16-jährige türkische Staatsangehörige wirklich eingeschätzt werden? Im Januar und im Mai dieses Jahres wurde er jeweils verurteilt und erhielt Bewährungsstrafen. In erster Linie ging es laut Richterin Gaury Sastry um Sachbeschädigung, Fahren ohne Fahrerlaubnis und Diebstahl. Es gab zwar auch ein Urteil wegen „gefährlicher Körperverletzung“, doch sei der 16-Jährige hier Teil einer Gruppe gewesen. Seine Taten seien allein betrachtet nicht gravierend gewesen: Er habe seinem Opfer mit der Faust gegen den Oberarm geschlagen, an den Kragen gepackt und gegen das Bein getreten.
Dank positiver Sozialprognose musste der junge Essener jedenfalls nicht in Haft. „Wir können niemanden vorbeugend einsperren“, sagt Meierjohann. Er wolle nichts verharmlosen, aber auf die grausame Tat habe nichts hingedeutet. Es gab jedoch Auflagen: ein Bewährungshelfer, regelmäßiger Schulbesuch und Arbeitsstunden. Als der 16-Jährige gegen diese Auflagen verstieß, folgte im August die Anhörung. Der dort beschlossene Dauerarrest sollte dem Jugendlichen signalisieren: „Es wird ernst“.
Es wurde ernst. Aber anders, als wohl alle erwartet hatten.