Essen. Beim Verkehrstraining erleben die Flüchtlingskinder die Polizei als Freund und Helfer. Damit soll auch die Angst vor Uniformen abgebaut werden.
Hassen Gariaoui hat alle Hände voll zu tun: Um ihn herum düsen 25 begeisterte Kinder auf Fahrrädern über den Übungsplatz der Jugendverkehrsschule an der Grillostraße. Der Sportlehrer und Sozialpädagoge übersetzt die Erklärungen der Polizei, denn alle Kinder sind Bewohner des nahegelegenen Flüchtlingsdorfes am Altenbergshof.
Viele von ihnen können zumindest schon ein bisschen Fahrrad fahren, das richtige Verhalten im Straßenverkehr müssen sie jedoch erst noch erlernen. Doch das Miteinander funktioniert laut Unterkunftsleiter Karim Elamrani, der wie Hassen Gariaoui für European Homecare, den Betreiber des Flüchtlingsdorfes, arbeitet, schon ziemlich gut: „Das Training findet einmal pro Woche für zwei Stunden statt. Wir machen das erst seit vier Wochen, trotzdem fahren die Kinder schon super. Die lernen einfach wahnsinnig schnell.“
„Die Polizisten sind unsere Freunde“
Eines von ihnen ist Isli. Der Zwölfjährige ist seit etwa zweieinhalb Monaten in Deutschland. Er ist begeistert von dem Fahrradtraining – und der Polizei: „Am Anfang wussten wir zum Beispiel nicht, was die Ampelfarben bedeuten. Die Polizisten haben uns alles erklärt und beigebracht, sie sind unsere Freunde.“ Ganz anders als in Albanien, Islis Heimat. Dort seien die Polizisten „nicht so nett“.
Die Polizei als Freund und Helfer kennenzulernen, auch das ist eines der Ziele des Trainings. Natürlich sollen die Kinder für die Teilnahme am Straßenverkehr fit gemacht und ihnen das Thema Sicherheit näher gebracht werden. Die Polizei will aber auch Vorurteilen entgegenwirken und ihnen die Furcht vor Menschen in Uniform nehmen. „Viele Kinder verbinden schlechte Erinnerungen mit Militär und Polizei, einige sind schwer traumatisiert“, weiß Hassen Gariaoui, „hier sammeln sie erstmals positive Erfahrungen mit einer Ordnungsmacht.“
Kinder sollen als Multiplikatoren fungieren
„Wir hoffen, dass die Kinder ihre guten Erfahrungen an die Eltern weitergeben und so als Multiplikatoren fungieren“, sagt Hauptkommissar Jürgen Tonscheidt, der für die Verkehrsschule verantwortlich ist. Auch Essens Polizeipräsident Frank Richter lobt das Projekt. Für ihn ist es nicht nur ein wichtiges Stück Willkommenskultur, „wir wollen die Kinder für ein paar Stunden aus der Tristesse des Flüchtlingsheimes holen“.
Flüchtlinge in DeutschlandDerweil sind die zwei Stunden Radfahren fast vorbei. Der Abschied vom Zweirad und den Polizisten fällt allen schwer: „Am liebsten würden die Kinder jeden Tag kommen“, sagt Jürgen Tonscheidt. Warum, erklärt Isli: „Einfach mit dem Fahrrad herumfahren ist schön. Und Angst muss ich dabei auch nicht haben: Die Polizei ist ja da.“