Essen. In der Reihe “Rach undercover“ besucht der Fernsehkoch ein Brauhaus in Essen. Dort schimpft er über anonyme Kritiker - und Bratkartoffeln unter Soße.
Hefte raus, mitschreiben, das ist jetzt prüfungsrelevant: Die Bratkartoffeln. Nie. Unter. Die Soße. Also wirklich nie, unter keinen Umständen. Aber ach, wenn es nur das wäre, über das sich der Essener Gastronom Sven Müller sorgen müsste. Sein Wirtshaus, der Löwe am Kopstadtplatz, wird von anonymen Hasskommentaren nur so überschwemmt. Wie die Bratkartoffeln von der Soße ungefähr. Von der Konserven-Hölle ist in den Bewertungen die Rede, von einem billigen Abklatsch bayrischen Essens, Tütenessen in Essen und ewigem Warten auf den unterirdischen Service.
Und wie so oft, wenn sich im Netz anonyme Bewerter – sagen wir mal: leicht tendenziös – zu einem Thema äußern, entpuppt sich das als pure Bösartigkeit. Fernsehkoch Christian Rach hat jedenfalls in der jüngsten Ausgabe von „Rach undercover“ auf RTL so gut wie keine Anzeichen dafür gefunden, dass der Löwe im Herzen von Essen tatsächlich nur ein „Futtertrog für Angetrunkene“ ist. Aber wenn nur zehn Prozent der Gäste das glauben, kann es schon existenzbedrohend werden, sagt der trotzdem sehr gleichmütige Restaurantchef Sven Müller.
Der verkleidete Christian Rach erinnert an Rudolf Moshammer
Vielleicht ist ja doch was dran an den Vorwürfen? Um das herauszufinden, verkleidet sich Rach gemäß dem Titel der Sendung und geht zum Testessen. Dabei sieht er aus wie ein dicker Christian Rach ohne Ringe unter den Augen, dafür mit Herbert-Knebel-Brille. Irgendwie erinnert er an Rudolf Moshammer. Er versucht es mit oberbayrischem Dialekt und klingt ungefähr so bayrisch wie die Fischstäbchen in der Werbepause-Schlaumeier-Frage „Was ist eine bayrische Spezialität – Weißwurst oder Fischstäbchen?
Verkleidet bestellt man bayrisches Essen – Haxengulasch, Jägerschnitzel, Obatzda – und kommt zu dem Schluss, dass es nix zu meckern gibt an dem, was der Löwe da auftischt. Außer, dass bereits eine Vorspeise für eine Familie mit zwei Kindern reicht, dass der Salat nicht mariniert ist (zum Ausgleich gibt’s Schnaps) und dass, naja… die Soße halt nicht über die Bratkartoffel gehört. Weil die dann matschig wird. Zwischenfazit des Sternekochs: Gut und solide, nichts für zartzüngige Feinschmecker, aber auch keine Katastrophe. „Kritiker, die das behaupten, haben ‘nen Vogel“, sagt Rach.
Altbekannte Wahrheiten des deutschen Kochfernsehens
Aber es könnte ja sein, dass das eine Ausnahme war. Erik Peil hatte auf einem Bewertungsportal ein vernichtendes Urteil gefällt: zu lange aufs Essen gewartet, vom Geschmack enttäuscht, Haxe zu trocken. Woher er sein professionelles Wissen habe? „Man schmeckt’s einfach.“ Warum er seine Kritik nicht direkt geäußert habe? „Das interessiert niemanden.“ Aha. Aber er ist bereit, bei "Rach undercover" dem Löwen eine zweite Chance zu geben. Und wartet wieder ziemlich lang (50 Minuten), muss aber feststellen, dass es diesmal schmeckt. Restaurantchef Müller freut sich, dass er eine zweite Chance bekommen hat und gelobt Besserung bei der Wartezeit, Erik Peil freut sich, dass sich offenbar doch jemand für seine Kritik interessiert hat.
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Rach ist derweil stolz wie Oskar, weil Sven Müller ihn nicht in seiner Verkleidung erkannt hat (wer's glaubt…) und wiederholt einmal mehr eine altbekannte Wahrheit im deutschen Kochfernsehen: Über Geschmack lässt sich streiten. Denn Müller pfeffert nach beim Obatzda, Rach war es vorher schon zu scharf. Nur bei den Bratkartoffeln unter dem Schnitzel, unter der Soße – da hört der Spaß wirklich auf. Nächstes Zwischenfazit Rach: Kein Feinschmeckertempel, Luft nach oben, aber solide Basis.
Anonyme Kritiker machen Rach wütend
Dann wird Rach ehrlich sauer. Dreimal haben er und seine Tester etwas bestellt, dreimal war die Soße über den Bratkartoffeln und dreimal war das auch schon alles. Die anonymen Netzkritiker reagieren natürlich nicht auf Anfragen, sie wollten ja nicht am Pranger stehen, teilt einzig „Captain 1“ mit. Nur andere an den Pranger stellen, das wiederum ist natürlich was ganz anderes. „Wer sind diese Idioten, die mit dem Knüppel draufhauen?“, erregt sich Rach und wird immer wütender. „Wenn man so etwas behauptet, sollte man bitte Ahnung haben und nicht so einen Scheiß erzählen.“
Essen und TrinkenWeil er keinen der anonymen Hetzer in die Finger kriegt, inspiziert Rach die Küche und findet tatsächlich nur frische Zutaten: Pilze, Schnitzel, Panade, alles selber gemacht. Bis auf die Kartoffeln, die – was völlig in Ordnung ist bei 80 Portionen pro Tag – schon geschnitten und vorgegart angeliefert werden, um dann mit Soße überkippt zu werden. Man kann es nicht oft genug sagen.
Fertigprodukte werden beim "Löwen" aus der Küche verbannt
Leider muss Küchenoptimierer Rach feststellen, dass Zigeunersoße und Kartoffelpüree Fertigprodukte sind und streicht sie kurzerhand und völlig zu Recht aus der Speisekarte, auf der sie ohnehin nur jeweils einmal stehen. Damit hat die anonyme Kritikergemeinde im Netz auch prompt zwei Kritikpunkte weniger.
Abschließendes Fazit von Christian Rach: „Was mal eben leichtfertig hingeschrieben wurde, steht ewig im Netz und kann die Existenz bedrohen.“ Und da muss man Rach einfach Recht geben: Wer sich hinter Anonymität verschanzt und unsachlich wird, hat kaum eine Chance darauf, dass seine Kritik auch ankommt und hat wohl wirklich nur den Schaden des Gastwirts im Sinn. Da kann man wohl nichts machen. Außer die Bratkartoffeln… Sie wissen schon.