Die Wirtschaftsförderung bereitet eine Internetplattform für die Kreativbranche vor. Doch die wird von zahlreichen Akteuren als unnötige Konkurrenz betrachtet. Weil es schon eine Plattform gibt...

Lange blühte sie im Verborgenen: die Kreativwirtschaft. Inzwischen haben Studien ihre - auch wirtschaftliche Bedeutung - offenbart, bei der Kulturhauptstadt im kommenden Jahr gehört sie zu den Hauptthemenfeldern. Essen ist eigentlich gut gerüstet. Mit der Plattform „Essens Kreative Klasse” (EKK), die aus dem Festival auf Zollverein entstand. Doch hinter den Kulissen regt sich Unmut. Grund: Die Wirtschaftsförderung plant den Aufbau einer zweiten Plattform. Die empfinden viele der Akteure als unnötige Konkurrenz.

Zumal die Wirtschaftsförderung in den vergangenen Monaten eben jene Kreativfirmen mit einem Schreiben um die Teilnahme bat, die sich längst in Essens Kreativer Klasse vernetzt haben. Das stieß in vielen Fällen auf Unverständnis und Ablehnung. Ein Grund für die kalte Schulter: Das Design der Internetseite sei altbacken, so einer der Adressaten, der lieber nicht genannt werden will.

Auch die IHK hat sich der Branche angenommen. IHK-Hauptgeschäftsführer Gerald Püchel: „Wir machen das, was wir am besten können. Im Interesse der Branche.”

So will die IHK den kreativen Unternehmen eine Plattform zur Vernetzung untereinander bieten, zukünftig Beratungen, z. B. zu Fördermöglichkeiten durchführen, wie auch bei der Schaffung kreativer Quartiere unterstützen. Zudem sieht die IHK große Chancen in einer engen Kooperation aller regionalen Akteure. Es mache wenig Sinn, nebeneinander her zu arbeiten. Gelungenes Beispiel der Zusammenarbeit: Die IHK lud vor wenigen Tagen gemeinsam mit EKK als Kompetenzpartner zur Informationsveranstaltung über Fördermöglichkeiten und Finanzierungsinstrumente ein.

Dieter Gorny, bei der Kulturhauptstadt für Kreativwirtschaft verantwortlich und Schirmherr von Essens Kreativer Klasse, freut sich zunächst, dass es mit diesem „fantastischen Projekt” gelungen sei, diese Szene überhaupt zu erreichen. Es gelte aber, dieses durch eine effiziente Behandlung zu fördern. Zu diesem Zweck sei es nötig, die Zielsetzungen der verschiedenen Aktivitäten genau zu hinterfragen und die Belange der Branchen in den Vordergrund zu rücken. Gut und richtig sei, was der Zielgruppe wirklichen Mehrwert verschaffe.

Genau so sieht es Architekt Axel Koschany, einerseits auf der EKK-Plattform vertreten, andererseits Mitglied der Interessengemeinschaft Wirtschaftsförderung: Um das Potenzial Essens nach Außen zu transportieren, sei es besser, mit einer Stimme zu sprechen. Und die gebe es eben schon. Die Wirtschaftsförderung könne sich mit ihren speziellen den Kompetenzen einbringen. Es sei nicht effektiv, zwei Plattformen nebeneinander laufen zu lassen.

Michael Gehlert, Projektleiter bei der EWG, glaubt, „dass wir sehr richtig mit der Seite liegen”. Es habe im Vorfeld viel Lob von Kollegen aus den Nachbarstädten gegeben, mit denen man sich im Rahmen des Handlungskonzepts Kreativwirtschaft regelmäßig abstimmt. Darüber hinaus werde die Seite der EWG mehr Facetten haben als jene der EKK. Dass die Wirtschaftsförderung nicht mit der Kreativen Klasse kooperiert, hänge mit einem befürchteten Interessenkonflikt zusammen: Zollverein würde zu sehr in den Vordergrund rücken.