Essen. Der Stadtteil im Süden Essens hat wenig Einwohner, aber viel Landschaft. Das Wetteramt und die Sternwarte haben in Schuir ihren Sitz.
Der Weg von Kettwig nach Schuir ist eine kurze, aber imposante Fahrt in ein Urlaubsland. Die Schmachtenbergstraße entlang, in die Kamisheide einbiegen – und dann zum ersten Mal innehalten. Auf dem höchsten Punkt. Links grasen die Islandpferde, im Tal liegt der Hof der Familie Kammesheidt. Und der weite Blick lässt tief durchatmen. Ein Blick, wie er sonst kaum noch im Ruhrgebiet möglich ist. Keine Hochspannungsmasten, nichts, das stören könnte. Langsam hinunter ins Tal, vorbei an den grasenden Rindern, durch einen kühlen Wald. Zweimal rechts abbiegen, noch einmal links und dann Richtung Straußenfarm.
Das ist Essen-Schuir
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Hier lebt Uwe Schlieper mit seiner Familie auf dem Rutherhof. Der Landwirt ist tief verwurzelt in seinem Stadtteil. Früher beherrschten Ackerbau und Viehzucht den Alltag der Schuirer, doch „die kleinen Höfe gibt es hier nicht mehr – nur die größeren haben überlebt. Diejenigen, die sich spezialisiert haben.“ Er zeigt auf prächtige Anwesen: „Mittlerweile kaufen sich immer mehr Leute mit viel Geld hier ein“, erzählt der 53-Jährige.
Rund ein Dutzend Reiterhöfe
Zum Gedenken an Raumfahrtpionier Hohmann
Der Blick in den Sternenhimmel gelingt von Schuir aus bestens - mit den Teleskopen der 1969 gegründeten Walter-Hohmann-Sternwarte an der Wallneyer Straße, die teils im Gebäude der ehemaligen katholischen Schuirer Schule untergebracht ist, sind bereits einige Kleinplaneten entdeckt worden. Die Sternwarte wurde 1965 von einer kleinen Gruppe astronomisch interessierter Bürger gegründet und ist eine von einem gemeinnützigen Verein betriebene Volkssternwarte. Benannt wurde sie zum Gedenken an den Raumfahrtpionier Walter Hohmann.
Und: Der Zusammenhalt zwischen den Landwirten, der sei früher besser, intensiver gewesen. Da hatten sie viel miteinander zu tun. Heute frisst sie der Alltag oftmals auf. Und die Spezialisierung, die auch trennt, weil jeder sein Ding macht. Ein anderes Ding. Rund ein Dutzend Reiterhöfe gibt es mittlerweile. Und auch auf dem Rutherhof, den sein Großvater 1926 von Krupp pachtete, hat sich vieles verändert. Uwe Schlieper züchtet Strauße, bietet seit 2007 Swingolf an. Außerdem hat er fünf Hektar Wald, „aber Wald wird immer schwieriger. Regelmäßig bin ich mit dem Förster unterwegs und schaue, ob es nicht irgendwo beschädigte Äste gibt, die jemanden verletzen könnten. Nach dem Pfingststurm Ela war das schlimm.“
Als Ortsbauer steht er dem Zusammenschluss von 25 Kollegen vor -- in diesem Ehrenamt regelt er meist „politische Dinge, die die Landwirte betreffen“.
Auf der Wiese wachsen Champignons
Nach einer Tasse Kaffee nimmt er uns mit zu seinem Lieblingsplatz. Auf der Wiese wachsen Champignons. Normal für ihn, überraschend für uns. Ganz oben, auf dem Gelände, wo sonst die Swingolfer unterwegs sind, steht eine rot-weiße Tonne. Und wieder der weite Blick und der endlose Himmel. „Da stören nur die Flugzeuge“, sagt Uwe Schlieper und lacht. Hier oben, da hat er auch schon übernachtet. „Ich habe einen Pick-up mit einer Wohnkabine. Es war herrlich.“
Die Herren von Schuir
Das Wappen des Stadtteils Schuir wurde von Kurt Schweder entworfen und hatte nie offiziellen Charakter. Ende der 1980er Jahre schuf der Heraldiker für alle Essener Stadtteile Wappen. Sie sind inzwischen von der Essener Bevölkerung gut angenommen worden. Das Wappen ist das der Herren von Schuir. Zum Besitz der Abtei Werden gehörte schon im 12. Jahrhundert Schuir. Die Abtei vergab es als Lehen an das Rittergeschlecht der Herren von Schuir, die dort auch lebten. Sie waren „Dienstmannen“ der Werdener Äbte und gehörten als „Mundschenken“ zu deren Hofstaat.
Schuir ist aber nicht nur Landschaft. Neben den Bauernhöfen gibt es das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (LANUV), das Wetteramt Essen und die Walter-Hohmann-Sternwarte. Und dann noch das Mutterhaus des Ordens der Barmherzigen Schwestern von der heiligen Elisabeth. Das imposante Gebäude steht allerdings zum Verkauf. Die Schwestern werden umziehen – nach Schönebeck. Der Grundstein für ihr neues Zuhause ist gerade gelegt. Nachwuchsmangel zwingt zu dem Schritt, sie müssen sich kleiner setzen.
Anhalten, aussteigen, ein Hofcafé besuchen
Ein weiter Schritt zurück in die Geschichte. Von Haus Schuir, einer mittelalterlichen Wasserburg am Schuirweg 74, sind bis heute die alten Gebäude als Geländemerkmale in der Weide zu erkennen. Allerdings steht das in unmittelbarer Nachbarschaft errichtete Herrenhaus aus dem 18. Jahrhundert immer noch.
Wer von der A 52 kommt und den Schuirweg nur als kürzeste Strecke nach Werden nutzt, verpasst viel. Lieber anhalten, aussteigen, ein Hofcafé besuchen. Oder auf einen wolkenlosen Nachthimmel warten. Da ist er wieder. Der weite Blick über Schuir. Er hält auch einen grandiosen Sternenhimmel bereit.
Schuir in Zahlen
6,6 Quadratkilometer, ländlich geprägt
6,6 Quadratkilometer ist Schuir groß - damit spielt der Stadtteil flächenmäßig in der gleichen Liga wie Burgaltendorf (6,2) und Heisingen (6,8). Schuir ist landwirtschaftlich geprägt, und die meisten Einwohner leben direkt an der Grenze zu Bredeney in der einzigen Schuirer Wohnsiedlung.
Bevölkerungsärmster Stadtteil im Süden
1514 Menschen leben in Schuir - und damit ist der Stadtteil im Süden Essens der mit Abstand bevölkerungsärmste. Zum Vergleich: Burgaltendorf hat auf etwa der gleichen Fläche 9534 Einwohner, im nur knapp größeren Heisingen leben sogar 13 022 Menschen. Statistisch gesehen kommen in Schuir 2,2 Menschen auf einen Hektar - im dicht besiedelten Altendorf sind es 295 pro Hektar.
2,2 Menschen auf einem Hektar
Statistisch gesehen kommen in Schuir 2,2 Menschen auf einen Hektar - im dicht besiedelten Altendorf sind es 295 pro Hektar.
Ein wenig mehr Frauen
51,8 Prozent der Schuirer sind weiblich.
Ausländische oder doppelte Staatsangehörigkeit
10,6 Prozent der Menschen, die in diesem Stadtteil leben, haben eine ausländische oder doppelte Staatsangehörigkeit. Das ist weit unter dem Stadtdurchschnitt, der bei 21,4 Prozent liegt.
Wenig Bebauung, viel Landwirtschaft
0,49 Quadratkilometer der Gesamtfläche Schuirs sind nur bebaut. 58,7 Prozent werden landwirtschaftlich genutzt, 15,19 Prozent sind Waldgebiete.
0,2 Prozent Spielplätze und Sportstätten
Stadtweit den niedrigsten Wert hat Schuir im Bereich Spielplätze und Sportstätten - mit 0,2 Prozent.
Fast 100 Quadratmeter Wohnraum pro Person
99,7 Quadratmeter Wohnraum stehen jedem Schuirer zur Verfügung - mehr Platz pro Person haben nur noch die Einwohner von Bredeney. Dort sind es 107 Quadratmeter.
3,6 Prozent Lastwagen
3,6 Prozent aller in Schuir angemeldeten Fahrzeuge sind übrigens Lkw - gemeinsam mit dem Ostviertel erreicht man in Schuir damit den Spitzenwert in Essen.
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