Essen. Fünf Männer stehen vor Gericht, weil sie Flüchtlinge in einer Essener Asylunterkunft misshandelt haben sollen. Sie bestreiten die Vorwürfe und sprechen von einem Racheakt.
Unter großem medialen Andrang versucht das Essener Schöffengericht unter Vorsitz von Richterin Eva Proske am Donnerstag zu klären, ob in einer Essener Asylbewerberunterkunft Flüchtlinge von den Wachleuten misshandelt wurden. Die Staatsanwaltschaft hat in drei Fällen Anklage wegen gefährlicher Körperverletzung erhoben. Alle fünf Angeklagten bestreiten die Vorwürfe und sprechen von einem Racheakt.
Es geht um zwei Tage im Optipark an der Altendorfer Straße am Rande der Essener City. Drei Angeklagte - 22, 23 und 35 Jahre alt - sollen am 19. September 2015 einen Heimbewohner nachts geschlagen und getreten haben, als er sie im Treppenhaus nach Essen gefragt haben soll. Kurz danach hätten sie ein Zimmer betreten, wo sie drei Bewohner geschlagen und getreten haben sollen. Anschließend hätten sie diese barfuß auf die Straße gesetzt. Einen Tag später hätten vier Wachleute - neben dem 22- und dem 35-Jährigen aus der ersten Anklage auch noch ein 36- und ein 39-Jähriger - einen weiteren Heimbewohner geschlagen und getreten, weil er sie nach Kaffee gefragt hätte und sich wegen ihrer ablehnenden Antwort über sie beschweren wollte.
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In diesen Fällen hielt die Staatsanwaltschaft die Aussagen der Asylbewerber für überzeugend, drei weitere Ermittlungsverfahren hatte sie dagegen eingestellt.
Wachmann: “Wir haben nur das Hausrecht durchgesetzt”
Richterin Eva Proske hat zunächst drei Verhandlungstage angesetzt. Aussage steht gegen Aussage, denn die Wachleute bestreiten die Vorwürfe komplett. “Wir haben nur das Hausrecht durchgesetzt”, sagt der 23 Jahre alte Wachmann. Er ist der einzige Angeklagte ohne Migrationshintergrund. Die übrigen Wachleute haben ihre Wurzeln in Polen, Tschetschenien, der Ukraine und in der arabischen Welt. Der 23-Jährige erzählt, dass ein Asylbewerber in der Nacht zum 19. September aus disziplinarischen Gründen von anderen Wachleuten ein zweistündiges Hausverbot bekommen hatte und sich nicht daran gehalten habe. Sie hätten ihn dann in einem Zimmer mit drei weiteren Flüchtlingen angetroffen, wo gerade ein Joint geraucht werden sollte. Der Gesuchte sei sofort aggressiv auf den 22 Jahre alten Wachmann zugesprungen, aber schnell fixiert worden. Der Sicherheitsmann hätte diesem den Arm auf den Rücken gedreht. Gemeinsam hätten sie die vier Flüchtlinge dann nach draußen gebracht. Der Flüchtling, nach dem sie anfangs gesucht hätten, habe dann nach Polizei und Krankenwagen verlangt. Der Sanitäter habe den Mann später als Simulant bezeichnet, der Polizist ihm eine Anzeige wegen Falschaussage angedroht.
Gewalt, wie in der Anklage beschrieben, sei von ihnen nicht ausgegangen, sagte der Wachmann.
Das sagt auch der 36 Jahre alte Wachmann, dem die Schläge vom 20. September angelastet werden. Seine Mitangeklagten und er erzählen, dass ein Asylbewerber tatsächlich nach Kaffee gefragt hätte. Als sie ihm gesagt hätten, dass die Kantine geschlossen ist, sei er nach draußen gegangen und habe Kieselsteine aufgehoben. Damit sei er zurückgekehrt und hätte einen von ihnen damit beworfen. Danach hätten sie ihn ins Büro gebracht.
Der erste Verhandlungstag stärkt die Behauptungen der Anklage nicht unbedingt. Der erste Zeuge aus dem Asylbewerberheim, der jetzt in Bonn lebt, ist nicht gekommen. Der zweite, ein 34 Jahre alter Algerier, verwickelt sich in Widersprüche. Vor Gericht bezeichnet er einen 35-jährigen Wachmann auf der Anklagebank als „Tschetschenen, der nicht geschlagen hat“. Bei der Polizei hatte er ihn dagegen belastet: „Geschlagen hat der Tschetschene, der schwarze Haare hat.“ Fühlt er sich durch Fragen in die Ecke gedrängt, neigt er auch zu impulsiven Beleidigungen eines Angeklagten.