Essen. . Die Hilfseinrichtungen in Essen, die sich um Flüchtlinge kümmern, erleben zur Zeit eine Hilfs- und Spendenwelle in bislang kaum gekanntem Ausmaß.

Willkommenskultur, Nächstenliebe, Barmherzigkeit – das sind in Essen mehr als nur Schlagworte. Soziale Hilfsorganisationen wie Diakoniewerk und Caritas, aber auch Runde Tische in den Stadtteilen sowie Mitarbeiter in der Flüchtlingshilfe erleben zur Zeit eine Spendenwelle in bislang kaum gekanntem Ausmaß. „Wir sind dankbar für das hohe Engagement der Essener“, sagt Diakoniewerk-Sprecher Bernhard Munzel, und fügt hinzu: „Inzwischen haben wir Schwierigkeiten, diese Welle der Hilfs- und Spendenbereitschaft zu bewältigen.“

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Beispiel: Ehrenamt. Immer mehr Essener werden beim Diakoniewerk vorstellig, weil sie angesichts des gewaltigen Zustroms von Flüchtlingen aus aller Welt die Hände nicht mehr in den Schoß legen wollen. Pensionierte Lehrer etwa möchten Neuankömmlingen gerne kostenlosen Deutschunterricht erteilen, andere bieten sich an, Flüchtlinge beim Arztbesuch, bei Behördengängen oder einfach nur im Alltag zu begleiten.

Menschen wollen gezielt Flüchtlingen helfen

„Die Leute rufen uns gezielt an, weil sie Flüchtlingen helfen wollen“, berichtet Munzel, „wir spüren, wie sehr ihnen das Schicksal dieser Menschen ans Herz geht.“ Neuerdings müssen die Diakonie-Leute hilfsbereiten Anrufern sogar freundlich einen Korb geben. „Unsere Möglichkeiten, Ehrenamtliche einzusetzen, sind momentan fast erschöpft.“

In der Caritas-Flüchtlingshilfe Essen e.V. hat Urgestein Rudi Löffelsend eine schlagkräftige Truppe von Ehrenamtlichen um sich geschart. Als Bleibe dienen ihnen ehemalige Kirchenräume auf der Elisenstraße 13.

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Dort laufen zurzeit fünf Sprachkurse mit jeweils zwei Lehrern. Auch dort ist das Angebot an Ehrenamtlern überwältigend. „Wir haben einen großen Überhang an Lehrern“, bestätigt Löffelsend, „brauchen aber noch zupackende Leute fürs Möbellager.“ Erst seit zwei Monaten existiert diese Einrichtung. Und die Nachfrage wächst. Denn immer mehr Flüchtlinge ziehen aus Behelfsunterkünften und Heimen in Mietwohnungen. „Dann brauchen sie alles: Tische und Stühle, Betten und Schränke“, so Löffelsend. Erfreulich: Auch Flüchtlinge betätigen sich als Möbelpacker und Fahrer. „In meinem Team habe ich einen Mathematikprofessor, einen Chirurgen, einen Diplom-Physiker und einen Zahnarzt – sie kommen alle aus dem Irak.“ Einen Lieferwagen habe der Bischof gestiftet. Benötigt werde jetzt noch ein zweites, kleineres Fahrzeug.

Wer den Caritas-Ehrenamtlern helfen möchte, wird gebeten, eine E-Mail zu schicken an: fluechtlingshilfe@caritas-e.de

Kleiderkammer eigens für die Zeltdörfer

Ridda Martini leitet für den sozialen Dienstleister European Homecare die städtischen Behelfsunterkünfte – und richtet den Blick nach vorn. Stichwort Zeltdörfer: „Wenn diese Unterkünfte aufgebaut werden, sind wir sehr auf Sachspenden angewiesen.“

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Als Kleiderkammer eigens für die Zeltdörfer soll die zentral gelegene Tiegelschule im Nordviertel dienen. Betreut wird sie von Ehrenamtlern des Runden Tisches Tiegelschule. Ridda Martini bittet, dort Kleider und andere Sachspenden ab dem 1. September (montags bis freitags von 9 bis 16 Uhr) abzugeben. Erbeten werden: tragbare und funktionsfähige Kleidung sowie gut erhaltenes Spielzeug, Schuhe, Sportbekleidung und Schulsachen. „Im Zweifelsfall lieber weniger spenden und dafür Gutes“, sagt er.

„Wir sind überwältigt von der großen Anteilnahme“

„Spendenstopp. Spendenstopp“. So steht es auf der Internetseite der ehrenamtlichen Gruppe „Willkommen in Essen“, die im Flüchtlingsheim Optipark ein Sozial-Warenhaus aufgebaut hat. Eine ausführliche Begründung wird gleich hinterhergeschickt. Darin heißt es: „Wir sind überwältigt von der großen Anteilnahme und der Zahl der Spenden. Leider bekommen wir immer wieder Spenden gebracht, die wir zur Zeit nicht gebrauchen können und für die wir keine Lagermöglichkeit haben. Dadurch verlieren wir nicht nur Unmengen an Platz, sondern auch ziemlich viel Zeit.“ Wann der Spendenstopp wieder aufgehoben wird, steht noch nicht fest. Gesucht werden Freiwillige, die beim Sortieren und der Ausgabe der Spenden helfen.

Solidarische Essener schenken reichlich. Und dankbare Flüchtlinge freuen sich. Dieses Bild stimmt, aber es gibt auch Ausnahmen. So berichtet eine Leserin über eine bittere Enttäuschung, die sie unlängst im Optipark erlebte. „Ich habe Kleidung gespendet – in gutem Zustand, gewaschen und gebügelt“, erzählt sie.

Willkommenskultur und Dankeskultur

Flüchtlinge in DeutschlandDoch kaum hatte sie die Spende abgegeben, durchfuhr sie ein Schreck. Denn sie hatte zwar das geparkte Auto verschlossen, aber den Kofferraum offengelassen. „Und daraus haben Unbekannte wertvolle Schuhe entwendet.“ Die erste Reaktion war: dicker Hals und Wut. Doch inzwischen hat sich der Zorn gelegt. Nun ermahnt sie Spender: „Seid vorsichtig.“

Ridda Martini von European Homecare ärgert sich über diesen Vorfall und sagt: „Ich freue mich über die stärker werdende Willkommenskultur und ich würde mich noch mehr freuen, wenn sich unter den Flüchtlingen eine Dankeskultur etablieren würde.“