Essen. . Ein mutmaßliches Sexualdelikt in Essen-Frintrop heizt die Stimmung gegen Asylbewerber auf. Die Eltern des mutmaßlichen Opfers mahnen zu Zurückhaltung.

Nach dem mutmaßlichen Sexualdelikt an einer Jugendlichen in Frintrop sehen die Scharfmacher ihre Stunde gekommen: Noch vor dem Ende des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens gegen einen 18-Jährigen, der nach Beobachtungen von Anwohnern in dem Asylbewerberheim der Walter-Pleitgen-Schule festgenommen worden sein soll, kursieren offene Aufrufe zur Lynchjustiz an den Flüchtlingen im Internet.

Rechtsaußen schlachten den Vorfall rücksichts- und schamlos für ihre Interessen aus, um die eh schon seit längerem existierenden Vorbehalte gegen die Behelfsunterkunft und deren Bewohner weiter zu schüren.

Die Lunte glimmt im Stadtteil

Und die Polizei prüft bereits, ob die zum Teil hetzerischen Kommentare in einschlägigen Foren die Grenze zur Straftat überschritten haben. Die Lunte glimmt im Stadtteil.

In dieser sich zuspitzenden Situation haben sich die Eltern der betroffenen Jugendlichen jetzt entschlossen, nicht länger tatenlos zuzuschauen. Aus Sorge um das Schicksal ihrer minderjährigen Tochter, die sich durch die zunehmende Öffentlichkeit immer wieder mit jener Tat konfrontiert sieht, die alles andere als geklärt ist. Aber auch aus Sorge um den Frieden in Frintrop.

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Von Frank Stenglein und Dominika Sagan

In einem Gespräch mit unserer Redaktion rief die Familie, die ihren Namen nicht veröffentlicht wissen möchte, nun zur Mäßigung in ihrem Heimatstadtteil auf, weil sie „unüberlegte Aktionen gegen das Heim“ befürchtet: „Es wohnen unschuldige Menschen dort“, sagte der Vater: „Ich verachte dieses Geschreibsel“ und die Verfasser der Beiträge, die das Mädchen erneut zum Opfer machen, in dem sie den Vorfall für eigene Zwecke missbrauchen. „Wir wollen in Ruhe da leben. Ich möchte, dass dieser Stadtteil wieder in geordnete Bahnen kommt.“

"Die Menschen machen sich Sorgen"

Es ist ein nachvollziehbarer Wunsch, den vermutlich die meisten Frintroper hegen. „Doch die Menschen machen sich Sorgen“, weiß die Familie aus eigener Beobachtung, umso mehr, seit die Gerüchte die Runde machen, dass kurz hinter der Stadtgrenze auf Oberhausener Gebiet eine weitere Asylbewerberunterkunft entstehen soll.

Bislang sind es die nächtlichen Ruhestörungen, es ist die nachlässige Müllentsorgung, es sind die „anzüglichen Bemerkungen und Gesten“, mit denen sich junge Männer aus dem Heim vor Mädchen im Stadtteil zu produzieren versuchen, die für Unruhe sorgen. „Und das kann ich als Mutter verstehen“. Wer sich dann an den Sicherheitsdienst des Heims wende, bekomme die Auskunft, doch bitte zur Polizei zu gehen. Wer zur Polizei gehe, so die Eltern, bekomme den Hinweis, sich doch besser an den Sicherheitsdienst zu wenden. Mehr Feinabstimmung scheint da durchaus angesagt zu sein.

Doch grobe Gewalt, das machte die Polizei am Montag noch einmal deutlich, ist bislang noch nie von den Bewohnern des Heims ausgegangen, sondern richtete sich allenfalls gegen sie. Etwa als die Einrichtung mit Zwillen und Schleudern beschossen wurde. Das, so hoffen auch die Eltern der jungen Frau, darf sich nie wiederholen.

Die Familie jedenfalls hat das Vertrauen in ein konsequentes Handeln der Behörden noch nicht verloren, wenn sie in einem Facebook-Brief formuliert: „Wir warten, wie unser Rechtsstaat gegen den Täter vorgeht, und wenn wir warten können, könnt ihr als Unbeteiligte dieses auch tun!“