Essen. . Nutzfahrzeuge aller Art sind die Sache der Firma Beilharz aus Essen. Ein rollender Knast, ein Gefangenentransportbus, war bisher nicht dabei – bisher.

Sehschlitze statt Panorama-Blick, gesiebte Luft statt Urlaubsflair und Einzelzellen statt Ruhesessel: Jüngst rollte ein Gefangenentransportbus vom weitläufigen Firmengelände am Laubenhof in Altenessen-Süd. Drin saßen Mitarbeiter der Justizvollzuganstalt Lübeck. Sie waren von der Trave an die Emscher gekommen, um das Gefährt „Made in Altenessen“ abzuholen. Der Bus war nicht bei der Firma Beilharz Fahrzeugbau in Reparatur – Service ist das Kerngeschäft des Familienunternehmens, das 1901 von Georg Beilharz in Borbeck gegründet wurde. Das Fahrzeug mit dem Kennzeichen HL – JV 230 wurde in Altenessen gebaut.

Ein Blick in den Zellengang.
Ein Blick in den Zellengang. © Beilharz

So ein Auftrag ist auch in der 114-jährigen Firmengeschichte etwas Besonderes. „Wir haben uns an der Ausschreibung beteiligt und gewonnen“, sagt Sven Beilharz (43), der mit seinem älteren Bruder Dirk (46) heute das mittelständische Unternehmen mit 250 Mitarbeitern in Niederlassungen in Essen, Duisburg und Gelsenkirchen führt.

Gefangenenzellen und Fesselklappen

Üblicherweise kauft Beilharz in solchen Fällen ein passendes, leeres Fahrzeug und baut nach den speziellen Wünschen des Auftraggebers ein Innenleben ein. Da die Lübecker es eilig hatten, wurde diesmal ein kompletter Reisebus des Typs Vectio 2090 T des türkischen Herstellers Otokar gekauft. Der musste für seine Aufgabe praktisch entkernt werden.

Nach Plänen des firmeneigenen Konstrukteurs wurde der 290 PS starke Bus von Beilharz-Mitarbeitern umgebaut. Sachlichkeit und vor allen Dingen Sicherheit waren oberste Gebote. Die großen Fenster, die ursprünglich Reisenden hätten gute Sicht auf malerische Landschaften ermöglichen sollen, machten Sehschlitzen Platz. Im Innenraum, wo früher 43 Personen Platz fanden, entstanden funktionale Einzel-, Zweier- und eine Viererzelle für insgesamt 16 Gefangene plus Platz für vier Begleitpersonen. In jede Zellentür wurde eine so genannte Fesselklappe eingebaut, damit die Vollzugsbeamten den Gefangenen vor dem Öffnen Handschellen anlegen können.

Mit Waffenschrank und Blaulichtern

Sanitäre Einrichtungen gehörten selbstverständlich auch zur Umrüstung. Ein Waffenschrank durfte nicht fehlen, die Blaulichter auf dem Dach auch nicht. Eine Videoüberwachung stand ebenso auf der Wunschliste der Lübecker wie ein Feuerlöschsystem. In der hauseigenen Lackiererei bekam das früher schneeweiße Gefährt noch den markanten silber-blauen Anstrich – inklusive des schleswig-holsteinischen Landeswappens mit den beiden blauen Löwen und dem weißen Nesselblatt. „Das ist unser Vorteil, dass wir alles aus einer Hand liefern – von der Planung bis zum schlüsselfertigen Produkt“, sagt Sven Beilharz.

Georg Beilharz, der Firmengründer.
Georg Beilharz, der Firmengründer. © Beilharz

Nach knapp fünf Monaten Arbeit war der neue Gefangenentransportbus fertig. Der Preis: eine mittlere, sechsstellige Summe. „Der Service – wir sind Vertragswerkstatt für drei große Nutzfahrzeughersteller – bleibt unser Schwerpunkt. Im Fahrzeugbau machen wir vorwiegend Sachen, die nicht von der Stange sind“, sagt Sven Beilharz. Ein kompletter Küchenwagen für die Feuerwehr in Duisburg oder ein Blutspende-Mobil für das Deutsche Rote Kreuz in Breitscheid gehörten bereits dazu. Und nun der „GTB“, der Gefangenentransportbus. Es kann gut sein, dass er nicht der letzte „Made in Altenessen“ war. Bei weiteren Ausschreibungen ist Beilharz bundesweit noch im Rennen.