Essen. . Der Autor und Journalist Martin Kuhna hat ein neues Buch über die Essener Konzern-Gründer Karl und Theo Albrecht und ihre Familie geschrieben.
Aldi gehört zu Essen wie Krupp und Rot-Weiss. Während aber sowohl die Historie der Krupp-Dynastie als auch die des Fußballvereins RWE bücherweise aufgearbeitet wurden, ist die Informations-Lage bei der medienscheuen Albrecht-Familie äußerst dürftig. Der Essener Martin Kuhna (57), Journalist und Autor, widmet sich seit fast zehn Jahren den „Aldis“ und hat ein neues Buch veröffentlicht.
Herr Kuhna, warum ist das Thema Aldi so interessant? Warum strahlt es solch’ eine Faszination aus?
Martin Kuhna: Aldi ist auf der einen Seite Teil unseres Alltags: Wer kauft nicht bei Aldi ein? Dafür, dass Aldi so präsent ist, wissen wir wenig über die Albrecht-Familie und die Konzerngründer und Brüder Theo und Karl: Wer waren sie? Was haben sie gemacht? Wo haben sie gewohnt? Dass die Brüder zu den reichsten Deutschen gehörten, macht sie noch interessanter. Da werden die Menschen einfach neugierig. Es geht übrigens auch anders, wie das Beispiel Deichmann zeigt.
Auch ein Essener Unternehmen...
Kuhna: ...genau! Deichmann wurde im selben Jahr wie Aldi gegründet, agiert aber nicht annähernd so geheimnisvoll. Heinz-Horst Deichmann hat das Unternehmen groß gemacht, war dosiert in der Öffentlichkeit und außerdem als Persönlichkeit und Mäzen bekannt.
Aldi-Kult fing vor 20 Jahren an
In Ihrem neuen Buch reisen Sie durch die Aldi-Geschichte: von den bescheidenen Anfängen in Schonnebeck bis zum global agierenden Milliarden-Konzern.
Kuhna: Man neigt dazu, den Jetzt-Zustand in die Vergangenheit zu projizieren. Die Albrechts waren früher einfache kleine Krauter, für die sich niemand interessiert hat. Die Faszination üben der Konzern und die Familie erst seit etwa 20 Jahren aus. Da fing dieser Aldi-Kult an, mit Luxusartikeln und Computern im Sortiment und Aldi-Kochbüchern. Ich habe einfach Fakten und Informationen zusammengetragen. Denn bis heute weiß man wenig und es sind viele Mythen und Falschinformationen unterwegs.
Haben Sie Beispiele?
Kuhna: Über Karl Albrecht senior, den Vater von Karl und Theo, liest man oft, er sei Bergmann gewesen. Das passt nach Essen, stimmt aber nicht. Ein Enkel hat mal in einem Interview verraten, dass der Opa gelernter Bäcker war.
Ein weiteres Beispiel?
Kuhna: Man liest immer, dass die Albrechts um die Ecke in ihren Aldis einkaufen waren. Karl wohnte in Schuir. Um in seinem Aldi-Süd einzukaufen, hätte er nach Mülheim fahren müssen. Karl wohnte in Bredeney. Da ist überhaupt kein Aldi.
Es gibt doch ein Geschäft an der Heinrich-Held-Straße.
Bei Aldi ging es nicht immer aufwärts
Kuhna: Ja, das ist Rüttenscheid. Das wird auch auf der Aldi-Internetseite falsch angegeben. Dort stimmen auch andere Sachen nicht. Das Unternehmen scheint es mit der eigenen Geschichte nicht so genau zu nehmen. Das finde ich schade.
Auf den Internetseiten findet man nicht viele Details zur Geschichte.
Kuhna: Dabei ist die spannend. Was löste 1961 die Trennung und die Teilung in Aldi Süd und Aldi Nord aus? Karl soll in den 1960er-Jahren eine Kette mit Herrenkonfektionsläden gehabt haben. Aldi in Mode? Theo soll ein Konzept für eine Aldi-Imbisskette entwickelt haben.
Die Brüder haben experimentiert.
Kuhna: Diesen Eindruck habe ich. Bei Aldi ging es ja auch nicht immer aufwärts. Ab Ende der 1950er-Jahre wurden Lebensmittelmarkt-Konzepte ausprobiert. Erst mit dem Fokus auf das Aldi-Discount-Konzept – Sparsamkeit, niedrige Preise, kleines Sortiment, schlichte Ausstattung – kam schließlich der durchschlagende Erfolg.
Sind Sie selbst Aldi-Kunde?
Kuhna: Meine Eltern waren nie bei Aldi. Ich konnte auch lange nichts mit den Produkten anfangen. Inzwischen ist das Sortiment besser geworden. Und ich kaufe auch hier und da bei Aldi ein.
Martin Kuhna: Die Albrechts - Auf den Spuren der Aldi-Unternehmer. Redline, 19,99 Euro.