Essen. . Seit 40 Jahren läuft der Klassiker „Harold and Maude“ in der Galerie Cinema - so lange wie kein anderer Film in Deutschland. Am Samstag wird gefeiert.
Alte Liebe rostet nicht. In der Galerie Cinema wird sie an jedem Sonntag auf der Leinwand mit Haferstrohtee und Ingwerküchlein neu befeuert. „Harold and Maude“, das gehört hier für manchen zum festen Nachmittagsprogramm wie Käsekuchen und Kakao. Kein Kino in der gesamten Republik zeigt einen Film inzwischen so lange am Stück wie die Galerie Cinema diesen Kinoklassiker von Hal Ashby. 40 Jahre läuft die ungewöhnlich Romanze zwischen der fast 80-jährigen Maude und dem jungen, kauzigen Harold nun schon in Deutschlands ältestem Programmkino: bundesweiter Kinorekord! Am kommenden Samstag, 6. Juni, wird das 40. Jubiläum groß gefeiert. Stilecht mit Haferstrohtee und Ingwerplätzchen.
Jubiläum mit Sekt und Haferstrohtee
Normalerweise geht „Harold and Maude“ an jedem Sonntag ab 16.30 Uhr über die Leinwand der Galerie Cinema, Julienstraße. Zum Jubiläum wird eine Ausnahme gemacht:
Am Samstag, 6. Juni, wird ab 17 Uhr im größeren Filmstudio Glückauf, Rüttenscheider Str. 2, gefeiert. Mit Sekt, Haferstrohtee und Ingwerplätzchen. Eintritt 4 Euro. Karten: 439 366 33.
Der Film ist noch ein bisschen älter. Er stammt aus dem Jahr 1971, als von Best Agern und Seniorenkino noch nicht die Rede war. Dafür gab es damals schon die umwerfende Schauspielerin Ruth Gordon, die als ungemein vitale Maude dem morbide veranlagten Harold das Geschenk des Lebens auspackt. Ihre gemeinsame Vorliebe für Beerdigungen und Leichenwagen führt das ungleiche Paar zusammen. Und Ashby zelebriert mit ihnen auf wunderbar leise, weise Art die Ideale der späten 68er mit ganz viel Love und Peace und gesellschaftlicher Revolution. Mehr soll gar nicht verraten werden, denn es gibt ja immer wieder Menschen, die „Harold and Maude“ zum ersten Mal auf der Leinwand begegnen.
Lea, Linda und Sophie sind drei davon. Religions-Lehrer Markus Freitag hat die Waldorf-Schülerinnen an diesem Sonntag für einen Kinobesuch gewonnen. „So einen Film kann man in nicht in drei Teile zerhackt auf Holzstühlen sehen, dafür muss man ins Kino gehen“, ist Freitag überzeugt, der den Film nicht nur als idealen Anschauungsunterricht in puncto „Wertschätzung des Lebens“ versteht. Da ist da ja auch noch die unvergleichliche Musik von Cat Stevens, die Freitag den 18-jährigen Schülerinnen vorstellen will.
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Silvia Tischer hat die Songs ebenfalls noch gut im Ohr. Die Wuppertalerin ist mit ihrer 16-jährigen Tochter und Freunden extra nach Essen gekommen, um den Film zu sehen. Die Idee ist den beiden im Theater gekommen, da tauchten die Namen Harold und Maude irgendwann auf, jetzt sollen die Namen auch Gesichter bekommen. „Ich kenne keinen lebensbejahenderen Film als ,Harold and Maude’“, findet Tischer.
Dabei bietet die schwarzhumorige Romanze die wohl skurrilste Aneinanderreihung bühnenreifer Suizid-Versuche, mit denen Harold seine elitäre Mama malträtiert, während die ihm eine Heiratskandidatin nach der anderen präsentiert. Doch Harold will nur eine: die impulsive Maude mit ihrem Tempo und Temperament, ihren Flausen und Falten! Rund 2500 Mal ist Ashbys Lovestory über die Leinwand gelaufen. Inzwischen zeigt man die digitale Fassung, doch die alte Filmspule steht immer noch im Vorführraum, wo man in den Anfangsjahren auch schon mal ein zusätzliches Stühlchen aufgestellt hat, weil der Publikumsandrang einfach so groß war.
Galerie Cinema
Dabei hatten die großen Verleihfirmen „Harold and Maude“ Anfang der 1970er zunächst gar keine Zukunft auf deutschen Kinoleinwänden prophezeit. Die Programmkinomacher in dem damals noch jungen Arbeitskreis Kino dagegen hatten sich sofort in das schräge Pärchen verknallt. Nach dem Start am 6. Juni 1975 wurden „Harold and Maude“ in der Galerie Cinema 18 Wochen lang vor ausverkauftem Haus gezeigt. Und da die Liebe nie wirklich nachließ, werden sie bis heute an jedem Sonntagnachmittag um 16.30 Uhr gespielt. Für Zuschauer, die manchmal nicht halb so alt sind wie der Kinoklassiker. Auch Filmvorführer Jan Malinowski könnte Maudes Urenkel sein. Auf den Job in der Galerie Cinema ist der junge Mann übrigens nach dem Besuch einer „Harold and Maude“-Vorstellung gekommen. Es war Liebe auf den ersten Blick.