Essen. Der Paternoster im Deutschlandhaus ist abgestellt. Die Nutzer sind empört, der Stadtdirektor ist „wütend über die Bekloppten, die ohne vernünftigen Grund sowas entscheiden.“

Der Paternoster im Deutschlandhaus steht seit Montag still: Dabei hatte Stadtdirektor Hans-Jürgen Best vor wenigen Tagen noch Widerstand gegen eine neue Verordnung zum Betrieb der historischen Aufzüge angekündigt (wir berichteten). Auch bei der Koerferschen Verwaltungsgesellschaft in Köln, der das denkmalgeschützte Haus gehört, hatte man das Verbot zunächst als Unfug abgetan. „Wir prüfen das jetzt erstmal juristisch und suchen gemeinsam mit der Stadt nach einer Lösung“, sagt Prokurist Michael Gluth. Aus haftungsrechtlichen Gründen habe man den Aufzug vorerst gestoppt.

Denn eine seit Montag bundesweit geltende Betriebssicherheitsverordnung sieht vor, dass Personenumlaufaufzüge nur von „eingewiesenen Beschäftigten“ benutzt werden dürfen. Für Besucher wären sie damit völlig tabu, Mitarbeiter müssten geschult werden. Im Deutschlandhaus habe bisher der Pförtner im Erdgeschoss den Paternoster im Blick gehabt, gravierende Unfälle habe es in über einem halben Jahrhundert nicht gegeben. Im Vertrauen darauf, den beliebten Aufzug noch lange betreiben zu können, hatte der Hauseigentümer im vergangenen Jahr noch 300.000 Euro in eine Überholung gesteckt.

Kopfschütteln und Enttäuschung bei Besuchern

Wenn die Verordnung Bestand habe, sehe er nicht, wie man den Paternoster weiter betreiben könne, bedauert Gluth. „Wie sollen wir kontrollieren, dass nicht Leute mit dem normalen Aufzug hoch fahren und nach unten den Paternoster nehmen? Da müsste ich ja in sechs Etagen Wachpersonal aufstellen – das ist der absolute Wahnsinn.“

Am Montag hätten sich zig städtische Mitarbeiter, die den Paternoster als verlässliches Transportmittel schätzen, beim Hausmeister gemeldet – weil sie an eine Panne glaubten. Dabei hatte der den Paternoster gar nicht erst angeschaltet. Der stehende Aufzug sorgte am Montag auch bei Besuchern für Kopfschütteln und Enttäuschung.

Bei Wolfgang Hirschmann zum Beispiel: „Das ist albern, der Paternoster ist ganz leicht zu benutzen. Und es zeichnet Essen aus, auch viele Touristen fahren damit. Sowas gibt es nicht überall.“ Ein Lebensgefühl gehe verloren: „Man schwebt für einen Moment, wenn man einsteigt, das ist eine kindliche Faszination.“ Vorbei. Hirschmann geht zum geschlossenen Aufzug.

Nüchterner sieht es Klaus Hausmann, der nach kurzem Zögern das Treppenhaus wählt: „Die Treppe ist gefährlicher als der Paternoster, besonders wenn es rutschig ist.“ Er sei froh, nicht im Deutschlandhaus zu arbeiten zu müssen, während der Paternoster steht.

Damit hat er es besser als Barbara Schauermann, die bislang jeden Tag Paternoster gefahren ist – und am Montag verzichten muss. „Ich liebe den Paternoster und habe das mit Schrecken gesehen.“ Fast alle Kollegen nähmen den offenen Aufzug, „die meisten wählen jetzt die Treppe, der andere Aufzug braucht viel zu lange“, sagt sie – und zeigt dorthin, wo Wolfgang Hirschmann immer noch wartet. „Sehen sie?“

Auch Stadtdirektor Best hat sich aus dem Urlaub zur Paternoster-Pause gemeldet: „Ich bin nicht nur unglücklich, sondern wütend über die Bekloppten, die ohne vernünftigen Grund sowas entscheiden.“ Der Konzern Thyssen-Krupp, der im Altbau an der Altendorfer Straße ebenfalls einen Paternoster, aber wenig Publikumsverkehr hat, entschied sich übrigens anders: Hier läuft der alte Aufzug weiter.