Essen. . Nach Lokführern, Erzieherinnen und Postlern gingen gestern rund 2000 Beschäftigte des Einzelhandels in der City auf die Straße. Ein Ende des Kita-Streiks ist nicht in Sicht
Erst kamen die Züge nicht, dann blieben die Erzieherinnen zu Hause, die Briefe und Pakete zudem noch liegen und gestern traf’s auch noch den Einzelhandel, als sich rund 2000 Beschäftigte zu einer zentralen Warnstreik-Kundgebung in der Essener Innenstadt trafen. Forderungen nach mehr Geld, mehr Anerkennung und besseren Arbeitsbedingungen beflügeln derzeit den Frühling der Gewerkschaften, während so mancher betroffene Bürger anfängt zu spüren, dass für ihn der Herbst der Solidarität mit großen Schritten naht.
Was vor allem für den unbefristeten Kita-Streik gelten dürfte, der nun in die zweite Woche geht und dessen Ende immer noch nicht absehbar ist. Es gibt keinerlei Annäherung zwischen Verdi und den Arbeitgebervertretern, aber zusätzliche Belastungen für die Eltern. Was auch die Stadt merkt: Die meisten Mütter und Väter, die sich unter der Streik-Hotline des Jugendamts melden, so dessen Sprecher Peter Herzogenrath, wollen vor allem eins wissen: wie lange noch?
Bis mindestens Pfingsten soll gestreikt werden
„Wir gehen davon aus, dass mindestens bis Pfingsten gestreikt wird“, sagt Kathleen Lyß vom Elternbeirat des örtlichen Jugendamts. Bislang halte er zwar, der Schulterschluss mit den Erziehern, doch langsam sind die Eltern mit ihrer Geduld am Ende, während sie gleichzeitig nicht wissen, wohin mit ihrer Ungeduld.
„Die Stimmung ist nicht gut. Wir kommen nur weiter, wenn wir die Politiker kitzeln“, sagt Lyß, die ein Schreiben an den Innenminister plant, damit Essen vielleicht doch noch in den Stand versetzt wird, wie andere Kommunen die Beiträge für die entfallene Betreuung zurück zu erstatten – trotz einer vorläufigen Haushaltsführung. Dass der Oberbürgermeister mit keinem Wort auf die entsprechende Unterschriftenliste reagiert hat, die Eltern in der vergangenen Woche übergeben hatten, kam da gar nicht gut an, sagt Lyß. Der DGB appellierte gestern an Paß, sich für ein schnelles Tarifergebnis einzusetzen.
Verdi hofft auf Unterstützung durch die Politik
Auch Martina Peil von Verdi hofft auf Unterstützung durch die Politik, die der einzig wirksame Hebel sein könne, damit sich die Verhandler näher kommen. Dass sich der Kommunale Arbeitgeberverband am Freitag das erste Mal trifft, um über die weitere Haltung im Kita-Streik zu beraten, ist wohl nicht nur für den Elternbeirat ein Unding, zeigt aber deutlich, welches Interesse an einer schnellen Einigung vorzuherrschen scheint, wenn der finanzielle Druck fehlt.
Das krasse Gegenteil ist der Fall: Die Kommune spart bei gleichen Einnahmen mit jedem Streiktag rund 75.000 Euro, während die Gewerkschaft draufzahlt.
Diese Schieflage dürfte Verdi heute noch einmal zum Thema machen, wenn die Streikenden bei einer Kundgebung auf der Kettwiger den Kontakt mit den Bürgern suchen. Auf die könnte eh noch einiges zukommen: Wie Peil ankündigte, plane man bereits gemeinsame Auftritte von Beschäftigten des Einzelhandels und der Kitas. Die erforderliche Schnittmenge ist bereits identifiziert: „Die Verkäuferin schickt ihren Nachwuchs in den Kindergarten, und die Erzieherin kauft ein“, sagt Peil. Das Schaulaufen der Gewerkschaften, es ist noch ausbaufähig.