Essen. Gutgläubige Senioren sind beliebte Opfer für Betrüger. Die Schadenssummen steigen, die Zahl der Fälle wächst. Für die Essener Polizei sind sie Alltag.

Für die Polizei sind Fälle von Trickbetrug inzwischen Alltag. Für die Opfer sind es Straftaten, bei denen sie Geld, Schmuck und oftmals auch ihre Sicherheit in den eigenen vier Wänden verlieren. Die Schadenssummen haben sich inzwischen verdoppelt, die Zahl der Straftaten hat sich verdreifacht, diese Fakten hat das Landeskriminalamt zusammengefasst, während die Polizei vor Ort unermüdlich warnt und aufklärt. Opfer sind oft Senioren, deren Gutgläubigkeit und Hilfsbereitschaft die professionellen Täter gnadenlos wie gezielt ausnutzen.

Eine Masche, bei der es scheinbar um den Ankauf von Möbeln geht, schildert eine Holsterhauserin: Maria Schmidtke (Name geändert) ist dabei zu Hause von einem vermeintlichen Käufer bedrängt wurde, der vorgab, ihre Wohnzimmergarnitur kaufen zu wollen. Der Interessent rief zunächst mit unterdrückter Nummer an, fragte bereits am Telefon nach weiteren Gegenständen wie Pelzmänteln.

Die Polizei rät an der Wohnungstür:

Vor dem Öffnen der Wohnungstür vergewissern (Türspion, Fenster), wer klingelt. Türsprechanlage und -spaltsperre nutzen. Die angegebene Behörde (RWE, Stadtwerke) anrufen und die Nummer selbst heraussuchen. Im Zweifel die Polizei rufen.

Nur Handwerkern öffnen, die man bestellt oder die die Hausverwaltung angekündigt hat. Sonst um neuen Termin bitten.

Beim anschließenden Besuch („er kam im Anzug, geschniegelt und gestriegelt“), fotografierte er die Einrichtung, hakte vehement nach Goldschmuck nach. „Als ich um eine Anzahlung bat, wurde er pampig“, erinnert sich Maria Schmidtke, die ein ungutes Gefühl überkam, einem Betrüger aufgesessen zu seinen. Ihr Fall ging glimpflich aus, da der Mann die Wohnung schließlich verließ.

Haben die skrupellosen Täter aber erst zugeschlagen, sehen die Opfer ihr Eigentum in der Regel nie wieder. Im Visier bleiben Senioren, weil diese sich regelmäßig in erfundene Geschichten verwickeln lassen: vom falschen Wasserwerker, dem Enkel in Not oder der Schwangeren, die an der Wohnungstür um ein Glas Wasser bittet.

Kriminalhauptkommissarin Brigitte Niebuhr kennt auch die Maschen falscher Möbel- oder Pelzmantelkäufer. „Erst geht es um den Mantel, dann um Porzellan, bevor die entscheidende Frage nach dem Schmuck kommt“, bestätigt sie einen klassischen Verlauf wie in Holsterhausen.

Täter reagieren auf Anzeigen etwa im Internet oder geben selbst welche auf und geben vor, Ankäufe machen zu wollen. „Dann ruft eine freundliche wie geschickte Frau an und gibt der Seniorin schnell das Gefühl, mit der Enkelin zu telefonieren“, nennt Niebuhr ein Beispiel. Immer geht es darum, in die Wohnung des Opfers zu gelangen. Wer gutgläubig etwas verkaufen wollte, „wird bestohlen, beim Preis gnadenlos übers Ohr gehauen oder ausgespäht, damit Täter wissen, ob sich ein weiterer Besuch lohnt“, schildert sie die Folgen und warnt, Wildfremde leichtfertig in die Wohnung zu lassen.

Jeder sollte im Vorfeld „das überprüfen, was möglich ist“. Meldet sich der Anrufer mit Handynummer, sollte man nach einer Festnetznummer fragen und diese dann auch wählen. Zudem können Verkäufer schon am Telefon erwähnen, dass der Sohn oder der Mann beim Termin anwesend sein werde. Wichtig: „Nicht mit Egon drohen, sondern tatsächlich etwa Nachbarn hinzuzubitten.“ Denn die Täter sind Profis, durchschauen die Situation sowie Tricks schnell. Daher rät Brigitte Niebuhr dazu, sehr vorsichtig zu sein, sagt gleichzeitig: „Ein Restrisiko bleibt.“

Zettel-, Wechselgeld, Wasserkerwerker-Trick: aktuelle Betrugsfälle aus Essen 

Wasserwerker-Trick

Ein stämmiger Mann klingelte am Mittwochmorgen an der Haustür einer Bewohnerin (76) auf der Breslauer Straße in Frohnhausen. Er war als Bauarbeiter getarnt und erklärte, dass er den Wasserdruck im Badezimmer prüfen müsse. Da im Umfeld der Seniorin zeitgleich an einer Baustelle gearbeitet wurde, erschien ihr die Erklärung schlüssig.

Sie begleitete den vermeintlichen Handwerker ins Badezimmer. Dieser hatte die Wohnungstür nicht zugezogen, so dass vermutlich ein Mittäter unbemerkt Schmuck aus dem Wohnzimmer stehlen konnte.

Der beschriebene Bauarbeiter war ca. 30 Jahre alt, er hatte dunkle, kurze Haare und war auffallend sonnengebräunt. Er trug eine dunkle Weste und sprach akzentfreies Deutsch.

Wechselgeld-Trick

Ein Spaziergänger (80) wurde am Donnerstag, 11.30 Uhr, auf der Grenoblestraße in Steele von einem Mann angesprochen, der sich Geld für den Parkscheinautomaten wechseln lassen wollte. Nachdem der Senior ihm Kleingeld gegeben hatte, machte sich der Unbekannte an dessen Börse zu schaffen. Er wollte mehr Geld wechseln. Der beherzte Steeler schlug ihm aber auf die Finger und ging zur Polizei. Der mutmaßliche Betrüger floh durch die Unterführung Richtung Villenweg. Er war 30-35 Jahre alt und ca. 1,60 Meter groß, im dunklen Anzug machte der stabile, schwarzhaarige Mann einen gepflegten Eindruck.

Zettel-Trick

Bei einer Anwohnerin (71) der Kaiserhofstraße im Südostviertel schellte es Donnerstagmittag an der Wohnungstür. Davor stand eine junge Frau (ca. 16-18 Jahre) mit dunklem, geflochtenen Zopf und braunen Augen. Sie trug ein blaues Päckchen und bat um Zettel und Stift, da sie der Nachbarin eine Nachricht hinterlassen wolle. Als die 71-Jährige misstrauisch wurde, schloss sie die Tür und die mutmaßliche Trickbetrügerin flüchtete. Diese war etwa 1,60 Meter groß und in Jeans gekleidet.