Essen. . Immer mehr Essener kommen aus der Schuldenfalle nicht mehr heraus und suchen sich Rat. Die Schuldnerhilfe zählte noch nie so viele neue Kunden wie 2014.

1448. Diese Zahl steht für einen traurigen Rekord beim Verein Schuldnerhilfe: So viele Essener suchten 2014 dort erstmals Rat, weil ihnen die Schulden über den Kopf wachsen. Das ist ein neuer Höchststand seit Gründung der Beratungsstelle vor 30 Jahren. Mittlerweile summiert sich die Zahl aller Kunden, die dort betreut werden, auf fast 2500 Haushalte. Rund die Hälfte lebt von Hartz IV.

„Die Nachfrage steigt, weil die Betroffenheit steigt“, sagt der Vereinsvorsitzende Hartmut Laebe am Montag bei der Vorstellung des Jahresberichtes. Die Gründe sind seit Jahren die gleichen, nur spitzen sie sich zu: Hohe Arbeitslosigkeit, Löhne, die zum Leben kaum reichen und steigende Ausgaben für Energie treiben nach Erfahrung der Schuldnerberater mehr Essener in die Schuldenfalle. Viel häufiger als noch vor 15 Jahren nehmen Betroffene heute einen Bankkredit auf, um ihren Lebensunterhalt zu sichern, meint Laebe.

Für viele ist die letzte Hoffnung auf ein schuldenfreies Leben das Verbraucherinsolvenzverfahren. Zuletzt gelang es jedoch deutlich weniger Essenern, ihre Schulden auf diesem Weg wieder los zu werden. Die Zahl der Verfahren beim Amtsgericht nahm 2014 deutlich ab. Statt 1117 Insolvenzverfahren im Jahr zuvor gab es nur noch 776. Ein Rückgang um 31 Prozent.

Land offenbar restiktiver bei Kostenübernahme

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Was in der Statistik nach Entwarnung an der Schuldenfront aussieht, scheint andere Gründe zu haben, so die Schuldnerhilfe. Zum einen hätten gesetzliche Änderungen dazu geführt, dass die Antragstellung erschwert und somit Anträge auch öfters abgelehnt werden. Zum anderen geht das Amtsgericht offenbar restriktiver bei der Ausgabe von Beratungshilfescheinen vor. Damit übernähme das Land in weniger Fällen die Kosten, wenn ein Schuldner zum Anwalt geht.

Die Schuldnerhilfe geht davon aus, dass bei ihr daher die Fallzahlen weiter steigen werden. Sie berät kostenlos. Der Bedarf dort ist jedoch heute schon groß. Wer mit ihrer Hilfe ein Insolvenzverfahren anstrebt, muss anderthalb Jahre warten. Die Wartelisten sind lang. Und sie werden wohl länger werden. Wolfgang Huber, Leiter der Beratungsstelle, liegt ein Schreiben des Gerichtes vor, dass diese Vermutung stützt: Darin wird einer Schuldnerin ein Beratungshilfeschein abgelehnt und auf die Schuldnerhilfe verwiesen. Anderthalb Jahre Wartezeit seien zumutbar. Doch die Schuldnerhilfe warnt vor, den Zugang zum Insolvenzverfahren zu erschweren und spricht von einem Teufelskreis: Gerade arbeitslose Schuldner hätten es schwerer, einen Job zu bekommen.