Essen.. Die Zahl der Spielautomaten ist in den vergangenen acht Jahren rasant gewachsen. Schuldnerberatung und Suchthilfe sehen dies mit großer Sorge.

Der starke Anstieg der Glücksspielautomaten in Essen alarmiert Suchtexperten und Schuldnerberater. „Die Stadt sollte überlegen, wie viele Konzessionen sie vergibt“, sagte am Mittwoch der Leiter der Schuldnerhilfe, Wolfgang Huber. Huber stützte sich dabei auf aktuelle Zahlen, die die Landeskoordinierungsstelle Glücksspielsucht erhoben hat. Demnach standen im vergangenen Jahr in Spielhallen und Gaststätten 2150 Glücksspielgeräte. Das sind fast 40 Prozent mehr als im Jahr 2006. Besonders stark hat die Zahl in Spielhallen zugenommen.

Mit den Geräten ist auch die Summe rasant gestiegen, die Essener an den Automaten verzockten. Vergangenes Jahr waren es fast 49 Millionen Euro und somit fast 150 Prozent mehr als 2006. Das Geld floss zwar großteils in die Kassen der Automatenwirtschaft, durch die Automatensteuer besserte aber auch die Stadt ihren Etat auf.

Das Projekt „Fair Play“

„Wir haben das Thema im Blick, weil wir wissen, dass Spielsucht existenzbedrohend sein kann“, sagte Ordnungsamtsleiter Günther Kraemer. Allerdings könne die Stadt eine Konzession nicht verweigern, wenn sich der Antragssteller ans Gesetz hält. „Wir können das Recht nicht außer Kraft setzen“, spielt Kraemer auf den geltenden Glücksspielstaatsvertrag an. Vor allem seit dieses Gesetz 2006 zugunsten der Automatenwirtschaft geändert wurde, gibt es deutlich mehr Glücksspielgeräte in Spielhallen.

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Nach Einschätzung von Suchthilfe und Schuldnerhilfe sind rund 3000 Essener spielsüchtig. Im vergangenen Jahr starteten beide Einrichtungen deshalb das Projekt „Fair Play“, um Betroffenen sowohl bei der Überwindung der Sucht zu helfen als auch bei finanziellen Problemen. Beides gehe oftmals Hand in Hand. Rund 100 Spielsüchtige nahmen im vergangenen Jahr das Hilfsangebot an. Auffällig: Betroffen sind in erster Linie junge Menschen. 85 Prozent derjenigen, die sich Rat suchten,waren zu Beginn ihrer Glücksspiel-Karriere unter 30.

Experten warnen vor Folgen der Spielsucht

Die klassische Spielsucht beginnt oft mit Neugierde oder mit Langeweile. Und sie beginnt schon in jungen Jahren, sagte Thorsten Brücher von der Essener Suchthilfe. Etwa die Hälfte der Betroffenen, die sich seit dem Start des neuen Hilfsangebotes „Fair Play“ an die Suchthilfe gewandt haben, ist jünger als 30. Und viele von ihnen haben schon zu Schulzeiten das erste Mal an einem Glücksspielautomaten gedaddelt, obwohl das erst ab 18 erlaubt ist.

Der Reiz, aus wenig schnell viel Geld zu machen, ist groß. Auch wenn eigentlich klar scheint, dass der Gewinner am Ende immer der Automat ist. Die unglaubliche Summe von 49 Millionen Euro haben die Essener im vergangenen Jahr in Spielhallen und Gaststätten verzockt. Doch die Verluste werden verdrängt, nur der Gewinn bleibt im Gedächtnis.

Den Spielekoffer "Glüxxbox" im Gepäck

Die Suchthilfe weiß: Die Folgen der Spielsucht sind oft weitreichend: Scheidung, Vereinsamung, Depressionen, hinzu kommen oftmals Schulden. Bei vielen ist der Schuldenberg groß. Regelmäßig sitzen Spieler vor den Beratern der Schuldnerhilfe, die 20.000 Euro und mehr aufgetürmt haben – und das schon in jungen Jahren.

Wer sich an die Schuldnerhilfe wendet, kann oftmals nur noch die Scherben seiner Spieler-Karriere zusammenkehren. Dass es gar nicht erst soweit kommt, darum wollen sich Suchthilfe und Schuldnerberatung künftig verstärkt kümmern. Sie bieten jetzt in Schulen Informationsverstaltungen an. Im Gepäck haben sie den Spielekoffer „Glüxxbox“. Auf spielerische Weise – passend zum Thema – sollen die Schüler vor den Gefahren des Glücksspiels gewarnt werden. „Nur Wissen kann schützen“, sagt Frank Langer von der Fachstelle für Suchtprävention.