„Now!“. Philharmonie-Programm 2015/16 lockt mit Stars und Erfolgs-Reihen, aber auch mit neuen Größen. Intendant Mulders sieht Auslastung noch wachsen.
Wenn man Worte wie „schwierige Zeiten“ und „Krise“ aus dem Mund eines so gelassenen Menschen wie Hein Mulders hört, dann scheint das Ungemach der Welt weit weg. Ist es auch. Mulders meint die Welt draußen, außerhalb von Ouvertüre und Paukenschlag. Und doch: dass sie „seiner“ Philharmonie nicht das Leben schwermacht, das freut ihn augenscheinlich. „Das Publikum ist fantastisch und wahrscheinlich haben wir noch eine bessere Auslastung als letztes Jahr“. Um ein, zwei Prozentpunkte könnte sie noch steigen, also auf 82, 83 Prozent. Und das, wo doch die Leute aufs Geld schauen, Sponsoren das Geld nicht automatisch locker sitzt und und und...
Es ist dieser gestrige Donnerstag ein guter Tag für die Kulturstadt Essen: Neues Philharmonie-Programm, keine Einbrüche, reichlich Stars, viele bewährte Erfolgsreihen und dazu Innovationen und Mut. Eben noch war Mulders auf einer Konferenz europäischer Konzerthausintendanten. Da darf er ganz unbescheiden sagen, was ihm seine Kollegen bestätigen: „Essen spielt als Konzerthaus ganz oben mit“.
Diana Damrau als „Lucia“
Nachzulesen ist der Status auf jenen 274 Seiten, die das erneut in mattem Goldton leuchtende Programmbuch bilden. Um zunächst zu den Sternen aufzuschauen: Jonas Kaufmann wird mit dem Puccini-Programm „Nessun Dorma“ erwartet (6.4.), die unvergleichliche Edita Gruberova (18.3.) wird wieder einmal (oder noch ein einziges letzes Diven-Mal) den Prachtbau an der Huyssenallee mit Koloraturketten verzieren. Nach Opern-Festspielen der Güte Salzburgs riecht es gar, wenn Diana Damrau zur konzertanten „Lucia di Lammermoor“ bittet (29.5.).
Neues Ticket-System
Mit dem Kartenkauf müssen sich Klassik-Freunde für die neue Philharmonie-Spielzeit gedulden. Selbst für die Superstars von Kaufmann bis Damrau gibt es Karten erst am 30. Mai.
Dann fällt der Startschuss für ein komplett neues Ticket-System. Für die Vorteile wirbt Katharina Strein als aktuelle künstlerische Leiterin der Philharmonie: Künftig werde es mehr Vorverkaufsstellen geben und eine langfristig belastbare, stets aktuelle Technik.
Die „Rennpferde“ des Hauses nennt Mulders die großen Orchesterreihen. Erste Garnitur auch sie. Das Concertgebouworkest kommt gleich zweimal, Paris und London sind da, das Russische Nationalorchester... Und da Spitzen Spitzen anziehen, werden am Pult Järvi, Nelsons, Gergiev, Luisi stehen. Und der frisch gekürte Residenzkünstler! Es ist Philippe Herreweghe. Die Bandbreite des Alte-Musik-Könners werden u.a. ein Beethoven-Zyklus, aber auch Bach und Bruckner dokumentieren.
„Immer erfolgreicher“ und darum mit Jaroussky und vielen anderen Genre-Größen gesetzt: „Alte Musik bei Kerzenschein“. Gleiches gilt für die Piano-Lectures oder „Entertainment“, für die Mariza und Max Raabe Programm sind.
Das Ziel, bei all dem nicht nur im Wortsinn „klassisches Publikum“ zu erreichen, verfolgt man weiter. Ins fünfte Jahr geht das Neue-Musikfest Und erstmals gibt es 2016 eine ganze Festivalwoche aller TUP-Institutionen; Im März wird es von „Elektra“ bis Ute Lemper „Unbeschreiblich weiblich.“
Essener Philharmoniker geben bald auch in Vogelheim Konzerte
„Es kommen viele, aber alle Schichten finden den Weg zur Philharmonie eben nicht“, sagt Katharina Strein (Philharmonie Essen) und freut sich auf ein neues Projekt, das aus eben dieser Not eine Tugend macht. „Musik kommt um die Ecke“ heißt ein Programm, mit dem man die jüngsten Zuhörer in sozial schwächeren Stadtteilen erreichen will. „Wenn sie nicht zu uns kommen, kommen wir zu ihnen“, gibt Strein das Credo aus. Mitglieder der Essener Philharmoniker werden in Kindergärten musizieren, leicht hörbare Klassik vorstellen. Aber auch aktiv sollen die Jüngsten beteiligt werden: Das Ausprobieren von Instrumenten gehört zum Konzept. Bereits im Mai wird die Aktion beginnen. Der Start ist in Vogelheim, dem Südostviertel und in Altendorf. Kosten für die Kindergärten entstehen dabei nicht. Die Meyer-Struckmann-Stiftung fördert die neue Reihe.