Essen. . Die Zuspitzung der städtischen Finanzkrise in Essen trifft besonders die Evag, die auf Verlustausgleich angewiesen ist. Vorstandschef Michel Feller über die Folgen.
Durch die Zuspitzung der städtischen Finanzkrise geht die Evag schweren Zeiten entgegen, daran lässt Vorstandschef Michael Feller keinen Zweifel. Er sagt aber auch: „Die Gehälter unserer Mitarbeiter sind sicher und werden auch künftig pünktlich ausbezahlt.“
Herr Feller, muss man sich Sorgen machen um die Liquidität der Evag?
Öffentlicher Personennahverkehr braucht in Städten Zuschüsse. Das ist überall so, auch in Essen. Unser Jahresdefizit beträgt rund 65 Millionen Euro. Wir sind also auf einen regelmäßigen Verlustausgleich angewiesen, der Cash-Pool unserer städtischen Holding EVV ist aber am Limit, die Gewährung eines neuen Kredits über 42 Millionen Euro ist der Stadt untersagt worden. Aber die EVV ist ja nicht bilanziell überschuldet, sie hat Vermögenswerte, die nach und nach veräußert werden müssen.
Auf diese Weise kann die Liquidität auch der Evag dann vorerst gesichert werden.
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Genau. Die Evag leistet einen Beitrag, indem wir prüfen, wie unser Verlust zu reduzieren wäre. Dazu erarbeiten wir einen neuen Nahverkehrsplan, der dem Rat zur Entscheidung vorgelegt wird. Wir schauen uns das gesamte Netz an, ob wir Kosten sparen können.
Aber Sie haben doch eine Pflicht, die Daseinsvorsorge zu sichern.
Die Menschen müssen irgendwie von A nach B kommen - das ist Daseinsvorsorge. Und jetzt ist die Frage: In welcher Zeit, mit welchen Taktfolgen und mit welchen Umstiegen. Konkret: Kommt das Kind auf dem direkten Weg zur Schule oder muss es dreimal umsteigen.
Wo schauen Sie konkret?
Wir prüfen sicherlich die Auslastung in den Randbezirken, oder sehen uns Linien an, die teils parallel mit anderen Linien verkehren. Änderungen wären auch bei Haltestellendichte möglich. Derzeit ist der Anspruch der Stadt im Radius von 500 Metern eine Haltestelle zu haben, es kann aber auch ein Radius von einem Kilometer sein.
Das heißt, der Komfort für die Fahrgäste sinkt?
Im Einzelfall ist das so, ja.
Gibt es noch andere Möglichkeiten, hat die Evag Vermögen?
Wir besitzen als einziges direktes Anlagevermögen eigene RWE-Aktien, die veräußerbar wären.
Wie hoch ist der Wert?
Zurzeit steht der Kurs bei 25 Euro pro Aktie, wir besitzen 174 000 Aktien. Das wären also gut vier Millionen Euro an möglichen Erlösen.
Und sonst?
Wir haben noch ein paar kleinere Werte, die nicht betriebsnotwendig sind, doch die Liquidität lässt sich damit nicht nennenswert erhöhen. Beispielsweise ist unsere Gastronomie Lanfermann am Baldeneysee kaum zu verkaufen. Wir haben einen langfristigen Pachtvertrag, Wohnungen dürfte man dort aber ohnehin nicht bauen, erst dann wäre das Grundstück wertvoll. Was wir erlassen werden, ist eine Einstellungs- und Ausgabensperre, wobei es diese Maßnahme im letzten Jahr auch bereits gab.
Können Sie garantieren, dass die Evag-Gehälter in den nächsten Monaten pünktlich gezahlt werden?
Ja. Wenn ich das nicht könnte, dann wäre ich jetzt beim Amtsgericht, denn dann würde ich mich der Insolvenzverschleppung schuldig machen.
Und wie sieht’s für die fernere Zukunft aus?
Ich muss einen finanziellen Überblick über die nächsten anderthalb Jahre haben, auch dazu bin ich als Vorstand gesetzlich verpflichtet. Nach jetziger Schau ist genug Bestand da, um unsere Zahlungsverpflichtungen garantieren zu können. Wenn es andere politische Entscheidungen geben sollte, kann sich die Lage ändern. Aber das ist nicht absehbar.