Essen. . Tausende Essener nehmen an der Aktion Pico-Bello teil: Roger Kummerhofe ist einer von ihnen. Er sammelt Müll zwischen A 42 und Rhein-Herne-Kanal.
Das erste Hochbeet ist bestellt, eine Folie darüber schützt Salat und Kohlrabis, die Roger Kummerhofe gepflanzt hat. In seinem Kleingarten in Altenessen sprießt das Grün der Zwiebeln, die Bananenpflanze steht noch in der Kiste, ein Jutesack wärmt die Palme. 320 Quadratmeter hat die Parzelle, die der frühere Bergmann seit acht Jahren pflegt, seit zwei Jahren ist er der Vorsitzende des Kleingartenvereins Emschertal. Er lächelt: „Einer musste es ja machen.“
Für die Gärten bestehen derzeit eine Warteliste und mitunter strenge Regeln. Eine besagt, dass Hecken höchstens 1,25 Meter hoch sein dürfen. Der Vorsitzende sieht diese Vorgaben aber mit Augenmaß. Wichtig ist durchaus, dass die 99 Gärten gepflegt werden. Was daher nicht nur ihn maßlos ärgert: achtlos weggeworfener Abfall. Ein Problem, das in den vergangenen Jahren zunahm, sagt er und zeigt nicht nur auf Jugendliche. Ältere benähmen sich nicht besser. Ihren Dreck wird Roger Kummerhofe am Samstag bei der Pico-Bello-Aktion wieder sammeln – wie schon in den vergangenen Jahren.
Von Papierschnipseln, Fernsehern bis zu riesigen Mengen Altöl hat er alles gefunden zwischen A 42, Rhein-Herne-Kanal und der Bergmannssiedlung Rahmdörne, in der er aufgewachsen ist. „Hier liegt die ganze Gewinnpalette, die auf den Recyclinghof gehört“, nennt es der 57-Jährige verständnislos. Für den Frühjahrsputz hat er 20 Kleingärtner samt Kindern begeistert, weil sie mithelfen wollen und hoffen, dass der Nachwuchs lernt, nichts mehr einfach in die Büsche zu werfen.
"Saison ist, wenn die Sonne scheint"
„Wer Zeit hat, der kommt“, weiß Roger Kummerhofe von den Vereinsmitgliedern. Sie zu drängen, wäre ohnehin nicht seine Art. Er wolle vielmehr die Gemeinschaft stärken. Dafür hat er im Kleingarten auch ein Osterfeuer organisiert. Aber nicht allein, betont er. Nein, er bezieht alle mit ein, so wie bei der Entscheidung für die neue Obstbaumwiese. „Der Verein sind wir alle“, sagt der Vorsitzende, der Zusammenhalt schon im Beruf schätzte. Als Aufsichtshauer reparierte er Hobel oder Schrämwalzenlader. Bis zuletzt arbeitete er unter Tage und fuhr um 24 Uhr zur Nachtschicht an. 1000 Meter unter die Erde. „Als Rentner wollte ich ein bisschen Licht sehen“, sagt Kummerhofe. Er bewarb sich um den Garten. Wenn er den heute nicht beackert, schwimmt, joggt er – oder betreut ehrenamtlich Demezkranke. Sozial angehaucht, war er immer, hat 30 Jahre lang beim Roten Kreuz den Sanitätsdienst auf Sportplätzen übernommen und Altkleider gesammelt.
Im Garten zwischen Blumenbeeten, Vogelhaus und Insektenhotel verbringt er nun vor allem ausgiebig Zeit mit seiner Frau. „Früher war zu Hause Schichtarbeit“: Sie arbeitete tagsüber, während er sich nach vier Stunden Schlaf um die beiden Kinder kümmerte. Jetzt bauen sie gemeinsam Wirsing, Rotkohl, Möhren an und jäten Unkraut. „Saison ist, wenn die Sonne scheint“, sagt er. Ende April können sie erste Salate ernten, darauf freut sich nicht nur Roger Kummerhofe: „Meine Frau ist noch etwas verrückter nach unserem Garten.“ Und sie werden daher am Samstag nach der Pico-Bello-Aktion wieder ihre Parzelle pflegen – wie die anderen Kleingärtner auch.