Essen. . Seit 1990 gab es noch nie so viele Delikte wie 2014. Sorgen bereitet der Polizei die Vielzahl an Einbrüchen und Autodiebstählen. Rückgang beim Raub.
Ob Raub, Totschlag, Einbruch oder Diebstahl: 62 283 Straftaten gab es in der Stadt im Vorjahr. Das ist ein Anstieg um knapp neun Prozent. Damit entwickelte Essen sich nicht nur deutlich schlechter als der Landesdurchschnitt, sondern landete auch auf einem neuen Höchststand seit 1990. Die Aufklärungsquote blieb mit rund 50 Prozent annähernd gleich.
Die Zahlen nach oben getrieben haben vor allem Diebstähle, sie machen einen Anteil von 46 Prozent an der Gesamtkriminalität aus: Es gab 28 663 Fälle, das sind rund 3000 mehr als 2013. Vor allem Diebstähle von oder aus Fahrzeugen sind ein Sorgenkind der Polizei (+25,53 Prozent, 6278 Fälle). Ebenso nahmen der Diebstahl von Fahrrädern und aus Kiosken oder Warenhäusern zu. Schwerer Diebstahl (aus Autos, Haus oder Keller) stieg insgesamt um knapp 19 Prozent, es waren 2115 Fälle mehr. Doch die Aufklärungsquote beim Diebstahl verbesserte sich leicht auf knapp 23 Prozent.
2471 Mal schlugen Einbrecher in Essen zu
Die Zahlen präsentierten Kriminalrätin Livia Hildebrand und die leitende Kriminaldirektorin Martina Thon, die vor allem ein Thema ansprach, das viele Bürger beunruhigt: Wohnungseinbruch. „Es gibt keine Entwarnung“, sagte Thon deutlich.
Zahlen zur Jugendkriminalität 2014
Die Jugendkriminalität sank 2014. Martina Thon führt das auf die Arbeit der Ermittlungsgruppe Jugend (EG Jugend) zurück. So waren an Raubdelikten noch 48,52 Prozent unter 21-Jährige beteiligt (2013: rund 57 Prozent).
Die EG Jugend betreut unter 21-Jährige, die mehr als fünfmal straffällig wurden. 2014 waren es in Essen und Mülheim neun Kinder, 99 Jugendliche und zwei Heranwachsende. Es sind keine Mädchen, die Lippenstifte stehlen, sondern z.B. Kinder, die bewaffnete Überfälle begehen. Wie Serienstraftäter Oleg, den das Jugendamt zeitweilig von Security bewachen ließ. Inzwischen ist der Junge in einer Hilfsmaßnahme im Ausland. Sein Fall führte zur Gründung eines Akut-Arbeitskreises von Polizei und Stadt für junge Extremtäter.
40 Prozent der betreuten Täter waren unauffällig; 14 in Haft.
2471 Mal schlugen Einbrecher zu, das sind 67 Fälle mehr als noch 2013, während NRW auch hier einen Rückgang von fast vier Prozent verzeichnete. „Für die Kollegen ist das ein richtiger Kampf“, sagte sie. Beteiligt an diesem sind gar Hundertschaften wie bei offenen Kontrollen sowie verdeckte Ermittler – allein, die Zahlen laufen davon. Die Aufklärungsquote stieg nur leicht von acht auf elf Prozent.
„Wir werden in Mitteleuropa attraktiv für Täter bleiben“, sagte Thon. Diese oftmals organisierten Banden aus dem Ausland, habe die Polizei daher auch mit ihren Kampagnen im Blick und hofft, dass sich diese Bemühungen irgendwann in Zahlen niederschlagen. Die Marschrichtung der Polizeibehörde: „Wir werden uns weiter auf Straftaten konzentrieren, die jeden treffen können.“ Der Wohnungseinbruch stehe dabei über allem. So werde die Polizei auch mit sinkendem Personal fachlich kreativ reagieren und Schwerpunkte setzten.
Rund 9,5 Millionen Euro Schaden durch Kraftfahrzeugdelikte
Straftaten gegen das Leben und Städtevergleich
21 Straftaten gegen das Leben gab es (+8 Fälle): vier Morde, 14 Fälle von Totschlag und Tötung auf Verlangen sowie drei Fälle von fahrlässiger Tötung. 29 Tatverdächtige wurden ermittelt. Aufklärungsquote: 100 Prozent.
Bei den Fallzahlen steht Essen mit 62 283 Straftaten im Vergleich mit ähnlich großen Städten besser da: Dortmund: 93 855, Düsseldorf: 86 071.
Ein weiteres Sorgenkind benannte Thon sogleich mit den Kraftfahrzeugdelikten. Schadenssumme 2014: rund 9,5 Millionen Euro. Daher wird die Polizei ähnlich wie bei den Wohnungseinbrüchen vorgehen, wenn sie etwa Serien von Banden erkennt. 2014 wurde diese Arbeit zwar erschwert durch fehlende Sachbearbeiter. Seit Oktober aber sei der Bereich mit einem neuen Leiter funktionsfähig und verzeichne Aufklärungserfolge. So fassten Ermittler im Dezember zwei Serientäter, die allein für 43 Pkw-Aufbrüche verantwortlich sein sollen. Die Aufklärungsquote fürs Gesamtjahr erreichte dagegen nur magere 4,8 Prozent.
Eine erfreulichere Entwicklung sieht Thon bei den Raubdelikten: Deren Zahl sank um 142 auf 557 Taten. Das Gros machen mit 334 Fällen hier weiter Übergriffe auf der Straße, auf Wegen oder Plätzen aus, das sind immerhin 104 weniger als noch 2013. Diese Zahl beeinflusse das Sicherheitsgefühl der Bürger erheblich und sei daher besonders wichtig: Laut Thon sind es typische Delikte, vor denen vor allem Frauen und Senioren Angst haben. Der Stand war seit 2010 (mit 549 Fällen) noch nie so niedrig.