Essen. . Gesundheitsamt gibt vorsichtig Entwarnung: „Kein Masernfall in Essen bekannt“. Kinderärzte und Virologe raten dazu, Kinder in der Vorsorge impfen zu lassen. Impfgegner sind in der Minderheit

In Berlin grassiert eine gewaltige Masernwelle: mit Hunderten Erkrankten und einem Todesfall. Bei einer Krankheit, die bis Ende dieses Jahres weltweit eigentlich gar nicht mehr existieren sollte. Und wie ist die Situation in Essen? „In Essen ist uns aktuell kein Fall von Masernerkrankung bekannt“, gibt Dr. Rainer Kundt, der Ärztliche Leiter des Gesundheitsamtes Essen, vorsichtig Entwarnung.

Ob in Kitas oder Schulen, Arztpraxen oder Zuhause: Masern und die Impfung sind ein beherrschendes Thema, Impfbefürworter und -gegner debattieren leidenschaftlich über die Krankheit. Der Werdener Kinderarzt Dr. Tobias Gregor kennt die Nöte der Eltern nur zu gut und hat eine eindeutige Haltung: Er rät zum kleinen Piks mit der großen Wirkung. „Viele Eltern machen sich Gedanken über die Masern-Impfung ihrer Kinder. Natürlich gibt es manchmal auch Skepsis bei Eltern, aber wir legen Wert darauf, sie gut zu informieren. Durch Meldungen über Ausbrüche gerät es stärker in den Fokus. Richtige Vorsorge ist aber immer wichtig“, so Dr. Gregor.

Virologe: „Insgesamt sollte man sich zweimal impfen lassen“

Der Virologe Prof. Dr. Ulf Dittmer der Uniklinik Essen bestärkt seinen Werdener Kollgen. Die Virusinfektion sei hochansteckend. Typische Symptome sind Hautausschlag, Fieber und hartnäckiger Husten, erklärt der Virologe . „Insgesamt sollte man sich zweimal impfen lassen“, empfiehlt er. Der Impfstoff wird meist mit Mitteln gegen Mumps und Röteln kombiniert.

„Es gibt auch Erwachsene, die nicht durchgeimpft sind. Es kann in schlimmen Fällen zu einer Hirnhautentzündung oder einer Lungenentzündung kommen“, so Dittmer. In den USA gibt es eine Impfpflicht an Schulen und Kindergärten und ein Fall wie in Berlin wäre kaum denkbar. „Man sollte im Impfpass nachsehen, ob man beide Impfungen gegen Masern bekommen hat. Wenn man sich nicht sicher ist, kann man sich auch testen lassen und die Impfung kann nachgeholt werden“, rät er.

In Essen gibt es aber auch bekennende Impfgegner

Masern können nur mit einer Impfrate von 95 Prozent ausgerottet werden. In Essen liegt die Impfrate bei über 90 Prozent. „Jedes Jahr werden alle Einschulungskinder in den Kindergärten untersucht. 98 Prozent der Kinder sind bereits einmal geimpft worden, 94 Prozent auch bereits das zweite Mal“, sagt Gesundheitsamtsleiter Kundt.

Dass die Komplikationen, die ohne Impfungen auftreten können, als deutlich gravierender einzustufen sind als die der Impfung, darin sind sich die meisten Ärzte der Stadt einig. In Essen gibt es aber auch bekennende Impfgegner. „Die Kinderärzte sind sich größtenteils bis auf einen Fall einig, dass Impfungen wichtig in der Vorsorge sind“, sagt Dr. Engelbert Kölker, Obmann der Essener Kinder- und Jugendärzte.

Dr. Werner Strahl hat kein Verständnis für eine ablehnende Haltung gegen die Impfung. Der Kinderarzt im Ruhestand und Vorsitzende der Hilfsorganisation „Cap Anamur“ hilft in Krisengebieten. „In anderen Ländern der Erde wie etwa in Asien oder Afrika sehe ich, wie schlimm und oft tödlich Krankheiten wie Masern zuschlagen. Dort kommt man kaum mit Impfkampagnen nach. Hierzulande bestehen viel bessere Möglichkeiten, die aktuellen Fälle und Zahlen aus Berlin sind für ein entwickeltes Land erschreckend.“