Essen. . Lies!-Aktivisten zeigen bei Koranverteilung den erhobenen Zeigefinger: Die Polizei sieht in dieser Pose keinen Gesetzesverstoß. Kritiker verbinden sie mit ISIS-Terroristen.

In Essen schlagen sie ihren Infostand meistens auf der „Kettwiger“ nahe dem Burgplatz auf – so auch an diesem Samstag. Wenn sie unter dem Slogan „Lies!“ kostenlos den Koran verteilen und dabei noch den rechten Zeigefinger zeigen, könnte manchem Passanten ein kalter Schauer über den Rücken fahren. Denn neuerdings wird diese an sich harmlose Fingerpose weniger in seiner ursprünglichen Fassung als Symbol des „einzigen“ Gottes gedeutet, sondern als Zeichen des Terrors. Denn die ISIS-Terroristen in Nahost heben den Zeigefinger ebenso triumphierend wie die beiden Attentäter von „Charlie Hebdo“ in Paris.

Auch die „Lies!“-Aktivisten in Essen zeigen auf ihrer Homepage unter dem Stichwort „Die schönsten Infostände“ den Zeigefinger.

In der Politik ist schon die Forderung laut geworden, diese Pose als Kampfansage an die Demokratie einzustufen und womöglich verbieten zu lassen. Doch die Essener Polizei ist aktuell weit davon entfernt einzuschreiten. „Das reine Verteilen des Korans und der symbolische Zeigefinger begründen in unserem Rechtsstaat keinen Gesetzesverstoß“, macht Polizeisprecher Peter Elke deutlich. Gleichwohl fügt er hinzu, dass Polizei und Essener Staatsschutz die Aktivitäten der „Koran-Missionare“ genaustens im Blick hätten. „Die Leute sind uns bekannt und wir werfen ein wachsames Auge auf sie“, so Elke.

Koranverteiler sind seit Jahren umstritten

Umstritten sind die Koranverteiler, die ihre Stände bevorzugt in den Fußgängerzonen deutscher Städte aufschlagen, schon seit Jahren. Kritiker sehen darin den verabscheuenswürdigen Versuch, mit dem Vehikel „Koran“ wankelmütige Jugendliche für die Sache von Radikalislamisten zu rekrutieren. Andere erinnern hingegen an das Grundrecht auf Religions- und Meinungsfreiheit.

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Genehmigt wird der Koranstand auf der Kettwiger Straße vom Amt für Straßen und Verkehr. Die erforderliche Sondernutzungsgenehmigung zu erhalten, ist eher eine Formalie. Wenn Rettungswege freigehalten und Passanten nicht belästigt würden, spräche nichts dagegen, so Stadtsprecher Stefan Schulze.

"Lies!"-Aktivisten sind zweimal im Monat auf der Kettwiger Straße

Auf der Homepage der „Lies!“-Aktivisten sind neben Essen weitere 18 deutsche Städte aufgelistet, in denen Infostände aufgeschlagen werden – darunter die Ruhrgebietsstädte Dortmund, Gelsenkirchen, Herne und Duisburg. Auffällig: In den letzten Jahren sind die Stände immer professioneller geworden.

Unter der Rubrik „Termine“ ist schon bis Juni aufgelistet, wann Essen an der Reihe ist: jeweils zweimal im Monat und immer an einem Samstag.