Essen. . Der Essener Sänger ist erst 27 und hat schon eine bewegte Vergangenheit hinter sich. Für schwere Straftaten verbüßte er mehrjährige Haftstrafen, jetzt legt er sein viertes Album „Lak Sho“ vor.
Seine Eltern stammen aus dem Iran, aber aufgewachsen ist er in „Essen-City“. In seinem Personalausweis steht Sinan Farhangmehr, doch besser bekannt ist der 27-Jährige als Sinan-G. Ein muslimischer Deutsch-Rapper mit schillernder Biografie. Wegen einer monströsen Latte schwerer Straftaten – darunter Erpressung und Einbruch, Raub und Bandenkriminalität – hat er jahrelang hinter Gittern gesessen. Ein finsteres Kapitel, das er vor fünf Jahren abgeschlossen hat. An diesem Freitag erscheint sein viertes Album mit dem Titel „Lak Sho“. „Das ist Arabisch und bedeutet so viel wie ‘Was los’ oder ‘Was geht’“, sagt er.
„Il Violino“ ist eine kleine Pizzeria auf der Segerothstraße vis-à-vis der Universität. Sinan-G – unauffällig gekleidet in engen Polo-Jeans, violettem T-Shirt, Bomberjacke und Nike-Mütze, schüttet reichlich Tabasco auf seine Pizza. Der Wirt ist ein Afghane aus Kabul und Sinan sagt Sätze wie: „Wir sind alle Kanacken“ und „Ich bin mit Leib und Seele Essener.“
400.000 Fans bei Facebook
Das Etikett „Star“ verdient der Rapper noch nicht, dafür weist er verblüffend hohe Reichweiten im weltweiten Netz auf. „Ich habe bald 400.000 Fans bei Facebook“, sagt er mit funkelnden Augen. Ein imposanter Wert, der seinem Wort Gewicht verleiht – erst recht bei jungen, muslimischen Einwander-Kids. Auf Youtube übersteigen Videos wie „Die Waffen sind geladen“ oder „Ihr seid keine Männer“ längst die Millionen-Schallmauer.
Bezug zur Stadt: „Mit Essen spielt man nicht“
„Lak Sho“, viertes Album nach „Ich bin Jesse James“, „Schutzgeld“, „Ob du willst oder nicht“, enthält 25 Titel, darunter auch Liebeslieder. Sinan-G singt und textet, die Beats stammen von Joshimixu aus Essen.
Die Album-Box für 30 Euro enthält DVD, T-Shirt („Salamanda-Gang“), Sticker und Poster.
Sinan-G betont gerne seine Essener Wurzeln. Ein neues Video entstand auf dem Problem-Hochhaus am Viehofer Platz.
Alte Titel mit Stadt-Bezug: „Essen City“, „Mit Essen spielt man nicht“.
Den ersten Medienwirbel um seine Person entfacht er 2009. Da sitzt er, der 22-Jährige, noch in der JVA Siegburg ein, und Rapper-Kollegen starten die spektakuläre Kampagne „Free Sinan-G“. Mit Erfolg: Bei der Eröffnung des Kulturhauptstadtjahres „Ruhr 2010“ erlebt das staunende Publikum auf Zollverein schon ein kurzweiliges Filmporträt („Zeche is nich“), in dem Sinan-G von Schießereien und Messerstechereien, von geknackten Tresoren und seiner gescheiterten Fußballer-Karriere bei Rot-Weiss Essen berichtet – und natürlich von seinem neuen Leben als frecher Sprechsänger mit rebellischem Gangster-Image.
Sinan-G macht aus seiner Wut auf Salafisten kein Hehl
Beim Plaudern über die heiße Pizza hinweg gibt sich Sinan-G betontbodenständig: „Ich wohne direkt nebenan, zusammen mit meinem Vater und meiner Mutter.“ Ob er von der Musik leben könne? Nun, derselbe, der in seinen Videos einen Fünf-Liter-Protz-Benz (Kennzeichen „E-V 1“) steuert, erwidert: „Es geht, ich halte mich über Wasser.“
Sinan-G, typisch Rapper, spricht rasend schnell. Und noch schneller, ja, sich fast überschlagend, wenn das Gespräch auf seinen Glauben, den Propheten und den Koran kommt. „Ich bin Moslem und Schiite“, sagt er. Und macht aus seiner Wut auf Salafisten kein Hehl. Seinen Fans, erst recht jenen, die eine latente Sympathie für den Dschihad aufbringen könnten, vermittelt er warnende Botschaften wie diese: „Die verarschen Euch doch nur und brauchen Euch als Kanonenfutter.“
Sinan-G über Gewalt in Musikvideos und im Leben
Als bei der Anti-Israel-Demo letztes Jahr gegen Juden gehetzt wurde, stand auch Sinan-G auf dem Willy-Brandt-Platz. Doch von dumpfen Hassparolen distanziert er sich. „Ich bin für friedliches Miteinander und Respekt.“
In vielen Videoclips kokettiert er mit der Gangster-Pose. Seine Texte („Große Pause“) spiegeln die Gewalt auf dem Schulhof wider und auf dem „Lak Sho“-Cover baumelt eine Kalaschnikow am Armband. Ist das nicht gewaltverherrlichend? „Nicht mehr, als es bei John Rambo der Fall ist“, erwidert er schlagfertig. Alkohol und Drogen, versichert er, hätten in seinem realen Leben noch nie eine Rolle gespielt. Und auch der Gewalt habe er abgeschworen. „Ich gehe in die Muckibude, will gut aussehen für die Mädels, aber eine Knarre in der Hand? Nein danke.“
Sinan-G mit neuem Album