Essen. Essens liberaler Fraktionschef Schöneweiß will Ex-SPD-Ratsherrn Lotz aufnehmen – aber seinem FDP-Kollegen Hellmann fehlt der “liberale Nachweis“.
Chaostage bei der Essener FDP: Der erbitterte Streit um die Aufnahme des abtrünnigen SPD-Ratsherrn Peter Lotz führt die ohnehin seit Monaten heillos zerstrittene dreiköpfige Ratsfraktion derzeit an den Rand der Spaltung. Auch Parteichef Ralf Witzel hat es am Dienstag Abend auf einer Krisensitzung nicht vermocht, die Wogen zu glätten. Ergebnis: Während Lotz von Fraktionschef Hans-Peter Schöneweiß mit offenen Armen empfangen wird, scheitert sein Übertritt vorläufig am Nein von FDP-Ratsherr Andreas Hellmann. Nach dem gültigen Fraktionsstatut der FDP ist für eine Neuaufnahme Einstimmigkeit erforderlich.
„Herr Lotz hat mir nicht klar vermitteln können, warum er unbedingt zu den Liberalen will“, so Hellmann. Der Frintroper Ratsherr war 30 Jahre Mitglied der SPD, da sei es nur recht und billig, wenn man einmal nachhake, was ihn denn zur FDP treibe. „Meine Frage, ob er denn das Wahlprogramm der FDP kenne, hat er verneint.“ FDP-Fraktionschef Schöneweiß soll sinngemäß erklärt haben, dafür sei später immer noch Zeit, berichtet Hellmann.
Für Lotz ist die ganze Sache unangenehm
Bei einer Partei wie der FDP, die um ihr Profil ringe und nur wenige Mandatsträger habe, sei es aber nun einmal nicht gleichgültig, wer sie an so herausgehobener Stelle repräsentiere, gibt Hellmann zu bedenken. „Mein Vorschlag war, dass Herr Lotz zunächst einige Monate bei uns hospitiert, damit wir ihn besser kennenlernen.“ Dies sei von Schöneweiß und seinem Vertrauten, dem FDP-Ratsherrn Klaus Budde, jedoch abgelehnt worden.
Schöneweiß bestätigte der WAZ, dass die Aufnahme von Lotz am Dienstag zunächst gescheitert sei, wollte sich sonst aber nicht äußern. Lotz selbst, der nach eigenen Angaben wegen der Querelen um die OB-Kandidatur bei der SPD austrat, ist die ganze Angelegenheit unangenehm: „Mir wäre wichtig, ohne großen Streit bei der FDP mitarbeiten zu können, ich hätte mit einer zeitweiligen Hospitanz auch kein Problem gehabt.“
Drei Lösungs-Szenarien werden momentan diskutiert
Er sei allerdings weiter optimistisch, letztlich doch bei den Liberalen landen zu können. Parallel führt er aber auch Gespräche mit dem Vorsitzenden des Essener Bürgerbündnisses, Udo Bayer. Die EBB ist wie die FDP daran interessiert, durch Übertritte mehr Ratsmandate zu erlangen, um den Fraktionsstatus absichern zu können, was nicht zuletzt mit finanziellen Vorteilen verbunden ist.
Diskutiert werden bei der FDP derzeit drei Szenarien, um die verfahrene Situation zu lösen. Erstens wäre eine Änderung des Fraktionsstatuts denkbar, um Neuaufnahmen mit Zweidrittel-Mehrheit möglich zu machen. Hellmann sagt allerdings: „Mit mir nicht machbar. Wenn Herr Schöneweiß das versucht, werde ich dagegen juristisch vorgehen.“ Es sei zudem widersinnig, eine Klausel, die dem Minderheitenschutz dienen soll, nur mit Mehrheit abzuschaffen. Dies könne nur einstimmig geschehen, und das werde eben nicht passieren. Zweites Szenario: Hellmann könnte aus der Fraktion herausgeworden werden. „Auch dagegen würde ich notfalls vor Gericht ziehen, denn ich habe nichts verbrochen, was einen Rauswurf rechtfertigt“, glaubt Hellmann.
Drittes und gleichzeitig radikalstes Szenario: Schöneweiß und Budde verlassen die FDP und gründen mit Lotz zusammen eine neue Fraktion. Diese wahrscheinlich am leichtesten umsetzbare Variante würde der Essener FDP allerdings maximalen Schaden zufügen.