Essen. Die nigerianische Künstlerin Otobong Nkanga zeigt Museumsmenschen und ihre Lieblingsobjekte. Das Ergebnis wird dieser Tage auch stadtweit plakatiert.
Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, sich dem Profil eines Museums zu nähern. Man kann Ausstellungs-Kataloge wälzen, Besucher beobachten, die Sammlungsgeschichte studieren. Otobong Nkanga hat sich für die persönlichste Variante des Kennenlernens entschieden. Sie hat das Gespräch mit den Mitarbeitern des Museums gesucht.
Elf Folkwang-Menschen standen am Ende auf ihrer Interview-Liste, vom Museums-Direktor Tobia Bezzola bis zum Leiter der Fotografischen Sammlung, Florian Ebner. Sie alle wurden von Nkanga gebeten, sich mit persönlich ausgewählten Objekten der Sammlung fotografieren zu lassen. Die künstlerische Befragung ist Teil des von der Kunststiftung NRW groß angelegten Kunstprojektes 25/25/25, das die Bedeutung der kommunalen Museen in NRW für das kulturelle Leben der jeweiligen Stadt wieder stärker ins Bewusstsein rücken will.
Grandiose Folkwang-Vielfalt
Welche Schätze zeigt so eine Sammlung? Welche Geschichten verbergen sich dahinter? Otobong Nkanga hat der Blick von außen auf die grandiose Folkwang-Vielfalt anfangs schier überwältigt. Mehrmals war die international gefragte Künstlerin für ihre Recherchen in den vergangenen Monaten in Essen zu Gast. Über die Gespräche ist sie tief in die Sammlungsgeschichte und manchmal auch bis in die Depots des Hauses vorgedrungen und lässt die einzelnen Objekte nun erzählen.
Das Projekt 25/25/25
Das Projekt 25/25/25 der Kunststiftung Ruhr bringt zum 25-jährigen Bestehen der Stiftung 25 internationale Künstler mit 25 städtischen Museen des Landes zusammen.
Die ausgewählten Künstler wurden gebeten, aus der Begegnung mit der jeweiligen Sammlung ein neues Kunstwerk zu entwickeln, welches das Profil des Museums reflektiert. Dieses „Porträt“ geht in den Besitz des jeweiligen Hauses über. Zusätzlich wird es auf großen Plakatwänden in der Stadt zu sehen sein, um den Blick der Bürger auf das Museum zu lenken.
Das Ergebnis ist zum einen ein großformatiges Plakat, das das Museum mitten in die Stadt trägt und René Grohnert, Leiter des Deutschen Plakat Museum, in den nächsten Wochen stadtweit mit einer Lithographie vom „Schuhhaus Stiller“ aus dem Jahr 1907 zeigt. Eine Postkarten-Aktion soll die Besucher zudem mit den Menschen und Werken bekannt machen, die sich besonders inspirieren. Tobias Burg, Kurator Grafische Sammlung, hat sich dabei für Ernst Ludwig Kirchners „Wintermondnacht“ entschieden, Restauratorin Silke Zeich wählte einen japanischen Bambus-Korb aus der großen und ungemein vielfältigen Osthaus-Sammlung aus.
Das entscheidende Verbindungsstück
Otobong Nkanga ließ sich für ihre Installation „Tracing Confessions“ ebenfalls vom Reichtum der Osthaus-Sammlung inspirieren. Eine von Brandspuren versehrte marmorne Hand aus dem antiken Gandhāra steht im Mittelpunkt ihrer mehrteiligen Arbeit, die Malerei und Installation, unterschiedliche Kulturen und Kontinente verbindet.
Die Hand, die auf den ersten Blick zu einer griechischen Statue gehören könnte, aber buddhistischer Herkunft ist, hat die Künstlerin dabei an das eigene „Halbe-Halbe“ erinnert. In Afrika geboren, in Europa zu Hause, war das Fragmentarische für Nkanga in diesem Fall das entscheidende Verbindungsstück.