„Der Schatten der Avantgarde“ ist der Höhepunkt des Ausstellungs-Jahres 2015. Museum präsentiert mehrere große Fotoprojekte, dabei geht es auch um die Dokumentation gewaltsamer Konflikte
Kunst ist schön, macht aber auch Vermittlungs-Arbeit. Mit dem erweiterten Karl Valentin-Motto geht das Museum Folkwang ins Jahr 2015. Nicht nur Kinder und Jugendliche, sondern auch Erwachsene sollen vom Bildungs- und Vermittlungsprogramm künftig verstärkt profitieren. Nachdem die Zahl der Veranstaltungsbesucher 2014 mit über 63 000 Teilnehmern bereits verdoppelt werden konnte, sollen die Aktivitäten weiter ausgebaut werden, verspricht Kurator Peter Daners. Das Museum Folkwang flankiert damit auch ein Jahresprogramm, das nach dem großen Namen von Lagerfeld bis Monet und van Gogh und einem regen Besucherzuspruch (über 250 000 Gäste) 2015 Themen präsentiert, die zusätzliche Erläuterung vertragen können
Dschungel-Träume aus dem MoMA
.„Der Schatten der Avantgarde“ verdient das Prädikat „besonders“ in jedem Fall. Wurden landlauf, landab zuletzt die großen Expressionisten gefeiert, widmet sich das Museum Folkwang ab 2. Oktober den nicht-akademischen Künstlern, deren Werk vom langen „Schatten der Avantgarde“ irgendwann verdeckt worden ist: Der afroamerikanische Sklavennachfahre Bill Traylor, der Franzose Henri Rousseau, dessen üppige Dschungel-Träume aus dem New Yorker MoMA kommen oder die kraftvoll-naive Blumenmalerin Séraphine Louis, der man im Kino schon ein Denkmal gesetzt hat, treffen in dieser Ausstellung auf Meisterwerke des Museums von Modersohn-Becker bis Gauguin. Kuratiert wird diese Wieder- und Neuentdeckung 13 (fast) vergessener Autodidakten vom ehemaligen Direktor des Kölner Museum Ludwig, Kasper König, der das Projekt mit Falk Wolf plant. Das Thema, da sind sich die Macher einig, sei perfekt für Essen mit seiner der Vielfalt verpflichteten Osthaus-Tradition. Sponsoren von der Kulturstiftung der Länder bis zu RWE haben sich angeschlossen und unterstützen das Projekt.
70 Prozent der Ausstellungs-Kosten werden 2015 über Drittmittel gedeckt, sagt Museums-Chef Tobia Bezzola. Und es gibt Kooperation wie das große, städteübergreifende China-8-Projekt (15. Mai) oder die Foto-Schau „Conflict, Time, Photography“, die mit der Londoner Tate Modern und den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden gezeigt wird. Die Frage, wie man Kriegen und Konflikten fotografisch-künstlerisch begegnet, wird von rund 200 Werken aus der Zeit von 1855 bis 2013 dokumentiert, der Bilder-Bogen reicht von den Spätfolgen Hiroshimas bis zum Syrienkonflikt. Ein Sonderkapitel widmet sich außerdem Essen, nach dem 2. Weltkrieg für viele Fotografen exemplarisch war das Bild der Zerstörung.
Mit Robert Frank kommt außerdem eine echte Foto-Legende ins Folkwang. Vor 15 Jahre war der Großmeister der subjektiven Dokumentarfotografie zuletzt in Essen. Um der Musealisierung seines Werks entgegenzutreten, hat sich Frank im Folkwang eine unkomplizierte Präsentation gewünscht. Auf Zeitungspapapierbahnen werden die Bilder die Korridore des Museums wie Plakatwände bespielen, außerdem wird sein komplettes filmisches Werk gezeigt.
Die erste große Retrospektive bekommt Steinert-Schüler Detlef Orlopp, Jahrgang 1937, ab dem 6. Februar im Museum Folkwang. „Nur die Nähe – auch die Ferne“. begleitet die Entwicklung seines fotografisches Werk über sechs Jahrzehnte.