Essen. Wo die Emschergenossenschaft einen millionenschweren Umbau am Borbecker Mühlenbach plant, leben vielleicht Wasserrallen. Der geschützte Vogel wird umgesiedelt.

Der bedrohte Hirschkäfer bremste einst die Erweiterung des Frankfurter Flughafens. Wenn nur Knabberspuren des gefährdeten Feldhamsters auftauchen, bekommen Architekten von Großprojekten schon Sorgenfalten auf der Stirn. Jetzt hat auch Essen ein kleines Blockade-Tier: Wo die Emschergenossenschaft an der Stadtgrenze zu Mülheim einen millionenschweren Umbau am Borbecker Mühlenbach plant, lebt - vielleicht - eine Wasserralle. Der geschützte Vogel muss jetzt umgesiedelt werden, bevor die Arbeiten weiter gehen können, die ironischerweise mit der Renaturierung des derzeit noch kanalisierten Baches zusammenhängen.

Die Planung war fast abgeschlossen, die Genehmigung in Arbeit: 9500 Kubikmeter Fassungsvermögen wird das unterirdische Rückhaltebecken am Frohnhauser Weg haben. Eineinhalb Jahre Bauzeit sind vorgesehen, ein niedriger zweistelliger Millionenbetrag wird investiert. Dann aber kam die gesetzlich vorgeschriebene Kartierung, bei der der Bestand von „planungsrelevanten Tieren“ dokumentiert wird. Und dann der Schock aus Sicht der Emschergenossenschaft: die Experten der Biologischen Station Westliches Ruhrgebiet fanden unter den 45 Vogelarten vor Ort auch die geschützte Wasserralle. Kurios: Zwar sah Diplom-Biogeograph Tobias Rautenberg den scheuen Vogel gar nicht, der sich gut zu tarnen weiß. Aber er vernahm dessen besonderen Gesang. „Der ist markant und unüberhörbar“, so der Zwitscher-Experte.

Gezwungen seltenen Vogel umzunisten

Wann der erste Spatenstich kommt, ist nun fraglich. Denn wo die Wasserralle wohnt und nistet, darf auch im Rahmen eines ökologischen Umbaus weder gebaggert noch gebaut werden. Die wenig erfreute Emschergenossenschaft ist nun gezwungen, den seltenen Vogel umzusiedeln - wenn es ihn denn gibt. Und wenn der Piepmatz das Angebot annimmt, was keineswegs sicher ist.

Knapp 800 Meter von der künftigen Baustelle entfernt, haben die Experten jedenfalls keine Mühen gescheut, um es dem Tier recht zu machen. Dort wurde ein Loch ausgebaggert und ein kleiner Tümpel mit Tal-Aue angelegt. Schilf hübscht das potenzielle Brutgebiet noch auf. Für die Wasserralle, die feucht-sumpfige Umgebung schätzt. eine Oase, wenn nicht gar ein kleines Paradies. „Jetzt hoffen wir, dass es mit dem Umzug klappt“, sagt Ilias Abawi, Sprecher der Emschergenossenschaft. Bald sind alle Vorbereitungsarbeiten abgeschlossen. Dann ist die Wasserralle gefordert. Gutachter Tobias Rautenberg wird im Frühjahr erneut an den Frohnhauser Weg kommen, sich dort getarnt auf die Lauer liegen und überprüfen, ob die Umsiedlung erfolgreich war. Auch dann muss er das seltene Tier nicht sehen, sondern nur hören. Wenn der Vogel-Experte sein Okay gibt und das Genehmigungsverfahren der Bezirksregierung abgeschlossen ist, kann das Rückhaltebecken gebaut werden.

Wenn nicht - Ende offen.

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