Essen. Ex-Evag-Chef Wolfgang Meyer meldet Ambitionen für das Amt des Oberbürgermeisters an. Seinen Parteifreunden in der SPD kann das nicht gefallen.

Ach, schau an, der Wolfgang! Als ein auf Hochglanz poliertes Anzeigenblatt aus Rüttenscheid vor einigen Wochen wortreich über die Ambitionen des ehemaligen Evag-Chefs Wolfgang Meyer auf das Amt des Oberbürgermeisters berichtete, da quittierten dies führende Genossen mit mitleidigem Lächeln. Er habe es zur Kenntnis genommen, ließ Oberbürgermeister Reinhard Paß, auf seinen alten Parteifreund angesprochen, vernehmen.

Mehr gebe es dazu nicht zu sagen. Nun aber, da der Mitgliederentscheid der SPD über die Frage, wer denn Essens Sozialdemokratie bei der OB-Wahl ins Rennen schickt, seinem Ende entgegen geht und die Partei alles andere als einen geschlossenen Eindruck macht, da dräut so manchem, dass Meyer es ernst meinen könnte mit einer Kandidatur.

„Ich kann und will etwas bewegen“

Dass er überzeugt ist, er könnte es besser als alle anderen, die nach dem Amt greifen, überrascht nicht. Wolfgang Meyer gehört zur Gattung der Alpha-Tiere, eine aussterbende Art im Polit-Zirkus. So sieht er es wohl selbst. Zitieren lässt er sich lieber mit dem Satz: „Ich kann und will etwas bewegen.“ Nein, er würde es nicht dabei belassen, unter dem Etikett „Essen 2030“ Stichworte einzusammeln. Er vermisse die strategische Perspektive und das Verantwortungsbewusstsein, dessen es bedürfe, die Stadt nach vorne zu bringen. Worte, die man als Kritik am amtierenden OB verstehen darf. Ein besonders inniges Verhältnis verbindet beide nicht. Sucht da einer den Weg zurück in die Manege? Einer, der seit 30 Jahren in der SPD ist, der im Rampenlicht stand und heute nur noch Zuschauer ist?

Sich in Szene setzen, diese Kunst hat Wolfgang Meyer stets beherrscht. Als er 2005 am Hauptbahnhof das private Eisenbahnunternehmen Abellio medienwirksam aufs Gleis setzte, ließ er sich im Führerstand einer brandneuen Regionalbahn ablichten und wusste nur zu gut, dass die Passagiere tags drauf in museumsreifen Waggons Platz nehmen mussten. Das Eisenbahnbundesamt ließ sich Zeit mit der Betriebsgenehmigung für die neuen schicken Züge – aus fadenscheinigen Gründen wie Wolfgang Meyer meint. Da war er schon nicht mehr Vorstandschef der Evag, sondern Unternehmer. „Immer nach Wegen suchen, Dinge möglich machen“ – darin sieht er seine Stärke. Tragisch für ihn persönlich: Als Abellio Fahrt aufnahm und die niederländische Staatsbahn das Start-up aus Bredeney schluckte, ließ ihn der neue Eigentümer an der Bahnsteigkante zurück. „Nichts ist so gut, dass es nicht besser werden könnte“, hieß es in einer knappen Mitteilung, in der nicht einmal sein Name auftauchte. So ein Abschied kränkt das Ego.

Entscheidung nach dem Mitgliederentscheid

Daheim auf dem Sofa wollte Meyer es sich nicht gemütlich machen. Als Chef seiner eigenen Firma „Linearis“ berät der 59-Jährige internationale Verkehrsunternehmen, die auf dem deutschen Markt Fuß fassen wollen. Meyer ist bestens vernetzt. Auf dem Höhepunkt der Euro-Krise sahen Zuschauer des „ZDF-Heute-Journal“ ihn in der Kanzler-Maschine auf dem Weg nach Griechenland. Warum sollte so einer nicht das Rathaus ansteuern? Oder ist dieser Zug längst abgefahren? Er habe viel Zuspruch erfahren auf den Hochglanzbericht, sagt er, nicht nur aus der SPD. Nein, vergessen haben sie ihn nicht im Polit-Zirkus, von dem er sagt: „Ja, sicher habe auch von dem System profitiert.“

Aber erinnert sich auch das Publikum auf den Zuschauerrängen an Wolfgang Meyer, das am Wahltag das Kreuzchen hinter seinem Namen machen müsste? „Ich würde mich auf jeden Marktplatz stellen“, sagt er. Ob es dazu kommt, will er nach dem Mitgliederentscheid beantworten. Nicht nur die Genossen werden gespannt sein.