Essen. . Zur Halbzeit im Rennen um die OB-Kandidatur der Essener SPD scheint die vorläufige Bilanz klar: Reinhard Paß punktet. Aber gewinnt die Partei mit ihm die Wahl?

Zwei von vier „Regionalkonferenzen“, auf denen sich Oberbürgermeister Reinhard Paß und seine parteiinterne Herausforderin, Angelika Kordfelder, den SPD-Mitgliedern für die Kandidatur bei der OB-Wahl im September empfehlen wollen, sind vorüber. Zeit also für eine Zwischenbilanz. Was schwer fällt, denn auch am Mittwochabend waren Pressevertreter unerwünscht, als mehr als 100 Genossen im Apostelhaus in Frohnhausen zur zweiten Vorstellungsrunde zusammenkamen. Ein Abend, nach dem OB Paß, „mit einem guten Gefühl“ nach Hause gefahren ist, wie er auf Facebook wissen lässt. Abermals nutzte Paß das soziale Netzwerk zur Werbung in eigener Sache. Angelika Kordfelder findet der interessierte Leser dort übrigens nicht.

Einmal mehr drängt sich der Eindruck auf, dass der Amtsinhaber seinen Anlauf für eine erneute Kandidatur besser vorbereitet hat. Und das offenbar mit Erfolg. Wer hineinhört in die Partei, der bekommt den Eindruck vermittelt, dass der OB vorne liegt im Kandidatenrennen. „2:0 für Paß“ kommentierte einer den Anwesenden den Ausgang der des zweiten Aufeinandertreffens. Hätten sie ein „Applausometer“ aufgestellt im Apostelhaus, das Messgerät hätte dieses Ergebnis wohl bestätigt. Auch in der Gunst der Ortsvereine liegt Paß in Front, wenngleich erst drei von 33 eine Wahlempfehlung abgegeben haben. 2 : 1 steht es hier.

Paß müht sich Risse zu kitten

Reinhard Paß sammelt Punkte an der Basis. Endlich, kommentiert so mancher mit sarkastischem Unterton, der in der bisherigen Amtszeit des OB dessen Nähe zur Partei vermisst hat. Dass Paß nicht schon bei der Kommunalwahl angetreten ist, dass er seine Kandidatur für eine zweite Amtszeit ohne Rücksprache öffentlich erklärt hat – all dies hat tiefe Spuren hinterlassen, heißt es in einem Schreiben des Ortsvereins Essen-Mitte, der damit nicht alleine stehen dürfte.

Paß müht sich diese Risse zu kitten. Und er weiß seinen Heimvorteil zu nutzen. Angelika Kordfelder ist zwar in Essen groß geworden, hat hier Politik gemacht, ist aber weit vom Schuss, seit sie im Münsterland Bürgermeisterin geworden ist. Auf hiesigem Terrain zeigt sie sich weniger standsicher, mit Detailwissen kann sie nicht glänzen. Aber muss sie etwas sagen können zur Entwässerungsproblematik in Rüttenscheid? Auch danach wurde sie am Mittwochabend gefragt.

Wer hat bei der OB-Wahl im September die besseren Chancen?

DemokratieAngelika Kordfelder sei unverbraucht, und sie wurde auf Beschluss des Parteivorstandes zur Kandidatur aufgefordert. Ex-Kulturdezernent Oliver Scheytt, den mancher selbst gerne als Kandidaten gesehen hätte, war es, der daran vor allem jene erinnerte, die sich fragen, warum die SPD sich den ganzen Zinnober antut.

Die entscheidende Frage sei doch: Wer hat bei der OB-Wahl im September die besseren Chancen, wird Scheytt zitiert. Der Einwurf ist berechtigt. Nun um so mehr, da der OB alles dafür zu tun scheint, um am Ende seiner Amtszeit im Verhältnis zu den Grünen verbrannte Erde zu hinterlassen. Die öffentliche Vorführung von Bau- und Umweltdezernentin Simone Raskob im Rat lasten führende Grüne Reinhard Paß persönlich an. Dabei könnte es auf die Stimmen der Grünen bei einer Stichwahl ankommen.

Doch strategische Überlegungen liegen der Basis augenscheinlich fern, die Partei betreibt Nabelschau. Die nächste Gelegenheit: am 13. Januar bei der dritten Regionalkonferenz, dann in Überruhr.