Essen. . Für viele Stammgäste war das Bad am Südpark ein zweites Zuhause. Hier ging es nicht nur um Schwimmen und Wassergymnastik, hier teilte man auch Freude und Sorgen. Mit Kerzenlicht, Sekt und Weihnachtsgebäck wurde am Freitag Abschied gefeiert.
Sina Seidelmann ist erst zehn Jahre alt und doch schon eine Südpark-Veteranin: Sie hat in dem Bad in Kray ihr Seepferdchen erworben, das Bronze-Abzeichen und Silber auch. „Gold kann ich leider nicht mehr hier machen.“ Denn Gold wird hier niemand mehr machen: Das Südpark-Bad hatte am Freitag (19. Dezember) zum letzten Mal geöffnet. Und weil dies nicht bloß eine Wasserfläche mit Sprungturm ist, sondern ein Schwimmbad mit Seele, kommen viele Stammgäste zum Abschied nehmen.
Wie Sinas Mutter Tanja Seidelmann, die selbst hier schwimmen gelernt hat. Weil Sina am Freitag schon schulfrei hat, kann sie sich ein letztes Mal in ihrem Heimatbad austoben. „Danach müssen wir einen Monat überbrücken, bis das Oststadt-Bad öffnet.“ Doch es geht ihr nicht nur um die Trainingsmöglichkeit für ihre Tochter, die bei Steele 11 schwimmt. Sie bedauert das Aus für das „süße Bad“, das so anders sei als all die Spaßbäder.
Schwimmzentrum Oststadt als Ersatz
Dass das Bad am Südpark geschlossen wird, steht seit 2008 fest. Ursprünglich sollte das sanierte Schwimmzentrum Oststadt im Herbst 2014 wieder öffnen und das Südpark-Bad zeitgleich schließen. Also stellte der Essener Sportbund (Espo), der das Bad betreibt, den Kursbetrieb dort vor Monaten ein. Seither zahlte man drauf und beschloss daher das jetzige Aus.
Das Oststadt-Bad nimmt im Februar 2015 den Betrieb auf.
Das liegt auch an Theresia Strecker, die nicht nur Sinas Schwimmabzeichen abgenommen hat. Sie arbeitet seit fast zwei Jahrzehnten hier, „neunzehneinhalb Jahre“, wie sie selbst exakt angibt. Der letzte ist wohl ihr schwerster Arbeitstag: Sie hat den Kindern aus dem Viertel schwimmen beigebracht, hat für Eltern und Großeltern Aquajogging und Wassergymnastik angeboten. Dabei ging es nicht immer nur ums Sportliche: „Hier war es immer persönlich, hier bekommt man mit, wenn jemand Sorgen hat.“ Hier war sie nicht Frau Strecker oder Theresia, sondern Teddy. Sie ist jetzt 46 und könnte theoretisch am nächsten Einsatzort noch einmal 19,5 Jahre bleiben. Aber ob es auch andernorts so wichtig sein wird, dass sie am Beckenrand steht? Wünschen tun ihr das all jene pudelnassen Badegäste, die ihre Teddy zum Abschied fest umarmen.
Nur eine hat nicht Wehmut ins warme Wasser getrieben, sondern Neugier: Sabine Pitzer-Ostwald ist gekommen, „weil es die letzte Gelegenheit war, das Bad kennenzulernen“. Sie lebt in Überruhr und hält sonst dem Oststadt-Bad die Treue; da das im Moment saniert wird, fährt sie auch gern zum Schwimmzentrum Rüttenscheid. Auf das familiäre Bad am Südpark hat die 44-Jährige einen nüchternen Blick: „Ich fühle mich in meine Kindheit zurückversetzt! In diesem Zustand hätte das Bad keine Zukunft.“ Sie ist da nah bei der Politik, die Sanierungs- und Unterhaltskosten als viel zu hoch ansah. Sie sagt aber auch: „Das sieht natürlich ganz anders, wer mit dem Herzen dran hängt.“
Wie Horst Balka (75), der bald wohl auch nach Rüttenscheid fahren wird: „Ein schönes Bad, ja. Aber hier kennt man sich!“ Und darum feiert man den Abschied am Abend bei Kerzenlicht, Sekt und Weihnachtsgebäck – einem so traurigen wie unvergesslichen Bade-Erlebnis.