Essen. Ein Abend mit Puder und Pinseln in der Maske des Aalto-Theaters. Auch bei den Herren wird an Kajal und Wimperntusche nicht gespart. Und die Perücken sind von Hand geknüpft. Das Herrenfach sei abwechslungsreicher, sagen die Maskenbildnerinnen.
Wenn der Tag in Essen für manchen schon mit Gurkenmaske und Seifenoper ausklingt, beginnt für Dagmar Bröck der Arbeitstag erst richtig. Wer um kurz vor sieben hinter die Türen der Maske im Aalto-Theater schaut, wird von vielen bunten Tiegeln und Pinseln und einem sonoren Lachen empfangen. Tijl Faveyts, der belgische Bass des Hauses, hat um kurz vor sieben schon erste Farbe angenommen. „Der Grundteint wird immer dreifarbig geschminkt“, erklärt Bröck den Arbeitsprozess. Oben ein bisschen dunkler gegen die hohe Stirn und ein ausdrucksvolles Make-up für besonders schöne Augen. „Die hab ich doch schon“, grinst Faveyts und lehnt sich entspannt zurück.
Für das Ensemble-Mitglied des Aalto-Theaters ist das Schmink-Procedere vor jeder Vorstellung längst Routine. „Vorstellungen und Proben zusammengenommen, komme ich wohl auf 120 Abende im Jahr, an denen jemand in meinem Gesicht rumpinselt“, zeigt sich der Sänger gelassen. Natürlich habe man sich als Mann erst mal an das Hantieren mit Pinsel und Puder gewöhnen müssen. Beim Kajalstrich nicht zu blinzeln, das habe schon eine Weile gedauert. Doch inzwischen gehöre die halbe Stunde vorm Spiegel mit zur Vorbereitung, „sie hilft bei der Verwandlung“, beschreibt Faveyts den farbigen Vorgang des Charakterwechsels. Nur wenn die Ausstattung Glatzen vorsieht, wird es hinter der Bühne haarig. Dann dauert die Vorbereitung bis zu einer Stunde.
Nur für die Bühne geschminkt
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Der „Werther“, der an diesem Abend auf dem Programm steht, ist dagegen unkompliziert. Aber auch ein braver Amtmann, den Faveyts in der Massenet-Oper singt, trägt hier Lippenrot und getuschte Wimpern. „Das ist natürlich nur für die Bühne geschminkt“, betont Bröck. Und in der Tat würde Faveyts mit seinem Äußeren im Supermarkt ordentlich auffallen. In etwa fünf Minuten wird Bröck das Ergebnis nach der Vorstellung aber wieder abgenommen haben. Und auch die Perücke wandert dann zurück in den Brennofen, der aussieht wie ein groß geratenes Vogelhäuschen und Faveyts künstliche Haarpracht vor jeder Vorstellung bei 300 Grad in feinste Krissellocken dreht. An die 40 Stunden hat Bröck an dem kunstvollen Schopf gearbeitet, der ungemein natürlich wirkt und haargenau auf die Farbe von Faveyts Bartpracht abgestimmt ist.
„Noch eine halbe Stunde bis zur Vorstellung“, schallt es durch die Lautsprecheranlage, als Bröck das handgefertigte Stück mit feinem Baumharz auf Faveyts Stirn festklebt. Jede Perücke ist hier ein Unikat, jedes Make-up individuell zugeschnitten. Deshalb werde es in der Männer-Maske auch nie langweilig, versichert Bröck, die an diesem Abend zusammen mit Manuela Heukamp für die Herren zuständig ist. „Das historische Frisieren fehlt vielleicht“, nennt Heukamp einen Nachteil zum Damenfach. Aber eigentlich sei die Herrenabteilung die größere Herausforderung. „Weniger Schönschminken“, sagt Bröck als auch schon der nächste Sänger Platz nimmt. Seine Begrüßung ist eine der vielen schönen Herausforderungen in ihrem Beruf: „Mach mich wild und grau!“