Essen. . RAG-Zentrale zieht 2017 zur Kokerei Zollverein. Die Wirtschaftsförderung ist begeistert – und hofft jetzt auf einen Nachahmer-Effekt fürs Welterbe-Areal.
Als die Ruhrkohle AG 1994 ihre „schwarze“ von der „weißen“ Seite trennte, da galt das auch für die Verwaltung: Die spätere Evonik blieb im Essener Zentrum an der „Freiheit“, während die gebündelten Steinkohle-Aktivitäten fortan von Herne aus gemanagt wurden.
Zwanzig Jahre später und mit Blick auf das absehbare Ende des subventionierten deutschen Bergbaus im Jahre 2018 führt der Weg die RAG wieder „zurück zu den Wurzeln“: Wie das 1968 gegründete Unternehmen gestern mitteilte, soll die Firmenzentrale Mitte 2017 von Herne wieder nach Essen ziehen. Allerdings nicht in die Innenstadt, sondern „standesgemäß“ auf das Gelände der einst modernsten Steinkohlenzeche der Welt, nach Zollverein.
Dort, im Schatten der ehemaligen Kokerei, hat die RAG sich ein Grundstück neben der Hauptverwaltung ihrer Immobilientochter RAG Montan Immobilien gesichert. Mit rund 250 Mitarbeitern will man hier künftig Ansprechpartner in allen Fragen rund um die Bergbaufolgen bleiben. Baubeginn ist für 2016 geplant.
Nahverkehrs-Anbindung ist nicht ideal
Die Adresse „Im Welterbe“, die da seit geraumer Zeit Büro-Interessenten auf die südliche Seite der Kokerei-Geländes locken soll, sie beschert nicht nur den viel beschworenen Imagegewinn, sondern passt auch zum Geschäftsfeld der RAG, die mit dem Erbe des Steinkohlenbergbaus – im Guten wie im Schlechten verbunden ist.
Und zwar „auf ewig“, denn die Abwicklung von Bergschäden wie auch die Grubenwasserhaltung, die sicherstellt, dass so manches (Alt-)Revier nicht regelrecht absäuft, zählen zu den so genannten „Ewigkeitsaufgaben“.
Die operative Arbeit dieser Ewigkeitsgesellschaft bleibt auch künftig am Standort Pluto in Herne-Wanne angesiedelt, Essen erhält den Unternehmenssitz, in dem nach und nach die Mitarbeiter der Standorte Herne und Bottrop zusammengeführt werden.
Für Dietmar Düdden, den Chef der Essener Wirtschaftsförderungs-Gesellschaft Zeichen einer „tollen weiteren Entwicklung auf Zollverein, die bestens dort hin passt: Ich bin begeistert.“ Denn auch die Optimisten müssen längst einräumen, dass bislang nicht gerade ein Sturmlauf auf das Weltkulturerbe-Areal als Firmenstandort eingesetzt hat: „Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass die Nahverkehrs-Anbindung und die Lage des Geländes in der Stadt für ansiedlungswillige Firmen nicht unbedingt ideal und nicht hinreichend attraktiv sind“, bekennt Düdden.
Keine Rede von einem Wettbewerb
Doch mit der RAG und der RAG Montan Immobilien, zu denen sich womöglich noch einmal die RAG-Stiftung geselle, hofft Düdden darauf, „dass auch andere Unternehmen den Sprung dort hin wagen“. Der Umzug wäre dann „genau das typische Anschieben dieses Standorts, das wir brauchen“.
Wie der neue RAG-Firmensitz am Ende aussieht, ist noch nicht raus. Er dürfte aber – wie schon die Zentrale der RAG Montan Immobilien nebenan – wohl kaum dem Unesco-Welterbe der benachbarten gigantischen Koksofenbatterie architektonisch die Schau stehlen wollen.
Ein Entwurf ist in Arbeit, von einem Wettbewerb derzeit keine Rede – aber immerhin davon, dass sich die stattliche Investition von geschätzt rund 14 bis 18 Millionen Euro an modernsten Nachhaltigkeits-Standards orientieren und als CO2-neutrales „Green Building“ daherkommen soll. Als Partner greift die RAG auf alte Bekannte zurück: Wie schon bei der Immobilien-Tochter, beim Neubau der Folkwang-Universität der Künste und dem Hotel in der geplanten Designstadt sind die Projektentwickler von Kölbl Kruse mit im Boot.
2016 ist der Baubeginn geplant – für den RAG-Vorstandschef Bernd Tönjes „Signal dafür, dass die RAG auch weiterhin Ihre Verantwortung für die Region und die Nachbergbauzeit wahr nimmt – im Zentrum des Ruhrgebiets auf einer ehemaligen und symbolträchtigen Bergbaufläche.“