Essen. . Keine Chance mehr auf Wiedergutmachung für junge Straftäter: Mangels Resonanz läuft nach nur knapp zwei Jahren das Projekt „Essen einwandfrei“ aus, das nach Graffiti-Straftaten Täter und Opfer zusammenbrachte und auf Einsicht setzte

Wie überzeugt man einen jungen Graffiti-Täter davon, dass sein Treiben keine Kunst, sondern Sachbeschädigung ist? Indem man ihn mit dem zusammenbringt, dem die verschmierte Wand gehört – und dann den Täter selbst die Farbe wegmachen lässt.

Dies ist eigentlich ein vielfach erprobter Ansatz, um junge Sprüher von weiteren Taten abzubringen, man nennt das „Täter-Opfer-Ausgleich“. Er schützt nicht nur die Stadt vor Vandalismus, sondern auch die jungen Leute vor kaum zu überblickenden Schadensersatz-Zahlungen, die noch Jahrzehnte später von Opfern gefordert werden können.

Künftig weniger Chancen

Die Stadt gibt jungen Graffiti-Tätern künftig weniger Chancen, ihre Taten selbst wieder gutzumachen und so eine strafrechtliche Verfolgung womöglich zu entschärfen. Das Projekt „Essen einwandfrei“ wird nach nur knapp zwei Jahren wieder eingestellt. Begründung: Es konnten kaum Straftäter gefunden werden, die für das Projekt in Frage gekommen wären.

Das liegt auch daran, dass die insgesamte Zahl der angezeigten Graffiti-Delikte in Essen zurückgeht: Waren es im Jahr 2012 noch 1215 gemeldete Delikte, waren es im vergangen Jahr nur noch rund 800. Die Aufklärungsquote blieb annähernd gleich mit rund 37 Prozent. Warum die Delikt-Zahl im letzten Jahr so drastisch sank, erklärt Polizeisprecher Marco Ueberbach: „Die Zahlen sind sehr stark abhängig von Serientätern.“ Das heißt: Es kann davon ausgegangen werden, dass die Polizei zuletzt einige relevante Graffiti-Täter schnappen und alte Bilder zuordnen konnte.

Rund 100.000 Euro jährlicher Schaden

Denen, die stets mit dem Schaden leben, hilft das wenig: Die städtische Wohnungsbaugesellschaft Allbau gibt den jährlichen Schaden, der durch Farbschmiererei entsteht, gleichbleibend mit rund 100.000 Euro an, und bei der Evag beziffert man die Kosten, die im Jahr 2012 durch Graffiti und Vandalismus entstanden sind, auf mehr als 700.000 Euro.

Trotzdem: „Für ,Essen einwandfrei’ fand man kaum geeignete Täter“, berichtet Jugendamts-Sprecher Peter Herzogenrath. Denn das Projekt richtet sich an junge Ersttäter, denen man unterstellt, noch offen für Besserung zu sein. Die Polizei aber konzentriert ihre Ermittlungen offenbar auf jene, die sich längst nicht mehr mit einem Edding-Kürzel am Bushaltestellenhäuschen zufriedengeben, sondern auf Profi-Sprüher, die ganze Bahnwaggons zumalen. Bei denen jedoch hilft keine Pädagogik mehr. In Düsseldorf war Jahre zuvor das Vorbild-Projekt gestartet – auch dort verzeichnet man jetzt stark sinkende Zahlen, sodass es dort künftig nicht mehr nur um Graffiti, sondern um allgemeine Sachbeschädigung geht. Um „Essen einwandfrei“ ähnlich auszuweiten, fehlt aber das Geld, heißt es.