Essen.

Totgesagte leben länger. Und das trotz der jüngst ernüchternden Analyse über die Via, die bisher nicht das Kunststück fertig gebracht hat, die drei Verkehrsunternehmen Evag, DVG und MVG kuschelig unter eine Bettdecke zu bekommen. Dreierbeziehungen können ganz schön nerven.

Eng an eng – das klappt (noch) nicht mit den Essener, Duisburger und Mülheimer Verkehrsbetrieben beziehungsweise den Entscheidungsträger. Der Evag-Aufsichtsrat stellt deshalb die Frage, wie es weiter geht. Aber Scheidung? Nein, das will eigentlich auch keiner. Es gilt das vor vier Jahren ausgesprochene Ja-Wort. Jedenfalls so lange noch hier und da eine Million zu erwirtschaften ist.

Das – wenn auch schwer zusammenhaltbare – Konstrukt Via bringt immerhin Geld durch den ein oder anderen Synergieeffekt ein. Mehr als fünf Millionen Euro werden es dieses Jahr sein, davon profitiert immerhin zur Hälfte die Evag. Das Klassenziel wurde trotzdem nicht erreicht, schließlich sind jährlich mehr als doppelt so viel, 13,5 Millionen Euro, angepeilt.

"Via nicht als Feigenblatt"

Ob da doch mehr als bisher rauszuholen ist – und wie künftige Strategien aussehen können, auch darüber werden in den nächsten Wochen die zuständigen Aufsichtsräte erneut diskutieren, der der Evag bereits Mitte Dezember. Letztlich geht es darum, ob die Via mehr oder weniger zu einer Art gemeinsamer Einkaufsgenossenschaft verkümmert, um bessere Rabatte herauszuschlagen – oder sich langfristig zu einem effizienten, starken gemeinsamen Verkehrsunternehmen entwickelt, das auch seinen Kunden mehr bieten kann.

Der CDU-Ratsherr Friedhelm Krause ist seit kurzem Via-Aufsichtsratsvorsitzender und setzt sich weiter für das Dreier-Bündnis ein, auch wenn das „nicht einfach“ ist. „Ich will mehr, nicht weniger Via. Ich will Via nicht als Feigenblatt“, macht er deutlich. Und warnt davor, es nur noch „auf den kleinsten gemeinsamen Nenner“ zu bringen. Das in diesem Jahr erzielte Sparziel macht ihn nicht zufrieden. „Da ist mehr drin.“

Findet auch SPD-Ratsherr und Evag-Aufsichtsratsvorsitzender Wolfgang Weber. „Wir hoffen, dass wir Via weiter entwickeln können.“ Ob es funktioniert – abwarten. „Zurückschrauben will aber keiner“, versichert Weber.

Bloß keine Fahrgäste verlieren!

Nicht auszuschließen ist aber, dass es beim Status quo bleibt. Ermunternd wäre das nicht. Die Kooperationen funktionieren schlechter als erhofft. Die gemeinsame Personalpolitik hakt, Mitarbeiter können nicht ohne Weiteres unter den Verkehrsgesellschaften ausgetauscht werden, bürokratische Strukturen lassen sich – wenn überhaupt – nur schwer aufbrechen. Auch lässt sich der eine oder andere nicht in sein Nest gucken. Und manchmal stimmt einfach die Chemie nicht.

Besser funktioniert es mit dem Marketing, mit gemeinsamen Bestellungen wie für die Niederflurbahn NF2 (27 für Essen) und für die neuen Ticketautomaten (40 jetzt für Essen) oder mit Projekten wie der gemeinsam betriebenen Automatenwerkstatt in Mülheim.

Insgesamt aber „lebt Via auf einem niedrigen Niveau“, konstatiert Rolf Fliß, der verkehrspolitische Sprecher der Grünen. Die Zusammenarbeit mit den Mülheimern und Duisburgern würde er dann in Frage stellen, „wenn die Gefahr besteht, dass wir Fahrgäste verlieren“. Die Diskussion in Mülheim, Bahnen durch Busse zu ersetzen, oder in Duisburg, den Takt von zehn auf 15 Minuten zu verlängern, gefällt ihm gar nicht. „Wir wollen das Angebot verbessern, nicht verschlechtern. Essen darf seinen Standard nicht leichtfertig aufs Spiel setzen“, mahnt Fliß. Und erinnert dabei an die Messlatte, die sich die Stadt selbst offiziell gesetzt hat, nämlich den Anteil des ÖPNV von 19 auf 24 Prozent zu erhöhen.