Essen. Die Bürger im Postleitzahl-Bereich 45127 im Essener Stadtkern verzeichnen die höchste Schuldenquote in NRW. Die Essener Schuldnerhilfe sitzt passenderweise in dem Innenstadt-Bereich. Sie wird 2014 so viele Kunden haben, wie nie zuvor. In der Nähe wirbt ein Kreditvermitttler: „Kredite sind machbar, wenn andere Institute bereits abgelehnt haben.“
Eine große Bank hat eine Filiale am Pferdemarkt in der Essener Innenstadt. Und der Verein Schuldnerhilfe Essen. Der hatte bei seiner Gründung vor 30 Jahren zwei Räume. Heute sind es zwölf. „Es gibt halt viel zu tun“, erklärt Leiter Wolfgang Huber. „Wir werden 2014 so viel Kunden haben, wie nie zuvor.“ Seine Schuldnerhilfe sitzt passenderweise dort, wo in Essen und in Nordrhein-Westfalen die Schulden Konjunktur haben: Im Innenstadt-Bereich mit der Postleitzahl 45127.
Im „Schuldenatlas“, den das Unternehmen Creditreform am Donnerstag veröffentlicht, führt dieses Gebiet die Liste in NRW an. 29,55 Prozent der Bewohner – und damit fast jeder Dritte – sind von einer Pfändung oder Privat-Insolvenz betroffen oder haben bei mindestens drei Gläubigern offene Rechnungen. Hinter Essens Innenstadt folgen Bezirke aus Krefeld (29,61 Prozent) und Wuppertal (28,57).
Ursache sind meist Konsumentenkredite
Die Essener Schuldnerhilfe sitzt da, wo ihre Kunden wohnen. Und sie hat dieselbe Postleitzahl, die auf den Mahnungen steht, die sie bearbeitet. Im Bereich 45127 (Stadtkern sowie Teile vom Ost- und Westviertel) gibt es viele Büros und Geschäfte, wenig Bewohner, niedrige Mieten und vergleichsweise viele Empfänger von Sozialleistungen. „Wir haben die Zahlen geprüft“, sagt Wolfgang Huber. „Bei uns in der Nachbarschaft gibt es keine Häufung. Unsere Schuldner sitzen in ganz Essen.“ Das gilt auch für die Verbraucherberatung, den zweiten großen Schuldner-Betreuer der Stadt.
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Was Wolfgang Hubert noch weiß: Seine Schuldnerhilfe wird Ende 2014 mehr Kunden als je zuvor betreut haben. Er sieht zwei Gründe: Mehr Menschen verschulden sich. Und mehr verschuldete Menschen sind bereit, sich mit der Beratung professionell helfen zu lassen. Meistens sind es sogenannte Konsumentenkredite für Autos, Fernseher oder Waschmaschinen, die die Kreditnehmer nicht mehr bedienen können.
Erst einmal den Lebensunterhalt sichern
Wenige Gehminuten von den Büros der Schuldnerhilfe entfernt, am Gänsemarkt und damit auch im schuldenreichen Postleitzahl-Bereich 45127, sitzt die Pecunia Kreditvermittlung. „Kredite sind machbar, wenn andere Institute bereits abgelehnt haben“, wirbt man. In der ersten Etage sitzt Ralf Schneider. Sein Schreibtisch ist groß. Der Raum abgedunkelt. Zigarettengeruch liegt schwer in der Luft. „Wir haben ein stabiles Kunden-Niveau“, sagt der Finanzberater mit der brummigen Stimme.
Geld wird immer gebraucht. Und Kredite, die Menschen zu Schuldnern werden lassen. Wenn Kredite nicht mehr abbezahlt werden können, kommt die Schuldnerhilfe ins Spiel. Und das immer häufiger. Wer hat die Schuld? „Schwierig“, sagt Wolfgang Huber. Kreditnehmer sind blauäugig. Banken und Händler geben Kredite ohne richtige Prüfung“, sagt er. „Dabei reichen Papier und Bleistift, um Einnahmen und Ausgaben zu vergleichen und zu sehen, was ich mir leisten kann.“ Das klappt nicht immer.
Wolfgang Huber hält seine flache Hand über den Kopf: „Wenn dann das Wasser dort steht, kommen die Leute zu uns.“ Huber weiter: „Wir zeigen Betroffenen auch, dass sie die Schulden nicht um jeden Preis abbezahlen müssen: Ein 80-Jähriger muss erst den Lebensunterhalt sichern. Die Bank kommt auch ohne ihn klar.“